Fetuin-A zeigt Risiko für Typ 2 Diabetes an
(11.09.2008) Zwei Studien haben ein weiteres Protein identifiziert, dessen Spiegel im Blutserum zusätzliche Informationen zum Typ 2 Diabetesrisiko liefern: Es geht um das Eiweiß Fetuin-A, das möglicherweise sogar direkt an der Entstehung von Insulinresistenz und Typ 2 Diabetes beteiligt ist.
Fetuin-A bindet u.a. an Insulinrezeptoren im Fettgewebe
Fetuin-A wird in der Leber gebildet und von dort in das Blut abgegeben. Die Funktionen des Proteins sind bisher nur unvollständig geklärt. Allerdings weiß man aus Versuchen mit genetisch veränderten Mäusen, dass ein Fehlen von Fetuin-A zu einer übermäßigen Ablagerung von Kalk in verschiedensten Geweben des Körpers führt. Außerdem ist bekannt, dass Fetuin-A an Insulinrezeptoren in der Muskulatur und im Fettgewebe bindet und so die Wirkung von Insulin herabsetzt – dies kann zur Insulinresistenz als eine der grundlegenden Störungen des Typ 2 Diabetes beitragen.
Tatsächlich haben Studien bei Nicht-Diabetikern in der Vergangenheit bestätigt, dass ein Zusammenhang zwischen Insulinresistenz und hohen Blutwerten an Fetuin-A besteht. Bisher fehlten allerdings Daten zur Frage, ob hohe Fetuin-A-Spiegel im Blutserum auch mit einer erhöhten Diabeteswahrscheinlichkeit beim Menschen einhergehen. Belege hierfür liefern zwei voneinander unabhängige Untersuchungen, die vor kurzem in den Fachzeitschriften „JAMA“ und „Diabetes“ veröffentlicht wurden.
Wissenschaftler von der Universität Kalifornien, USA, haben in einer Studie 406 ältere Personen untersucht (Alter: 70-79 Jahre). Bei Studieneinschluss wies keiner der Teilnehmer eine Diabeteserkrankung auf. In den folgenden 6 Beobachtungsjahren wurde dokumentiert, wie viele dieser Personen einen Typ 2 Diabetes entwickelten. Anschließend verglichen die Wissenschaftler bei den Diabetikern und den Nicht-Diabetikern die zu Studienbeginn gemessenen Fetuin-A-Werte.
Das Ergebnis: Je höher die Fetuin-A-Werte lagen, umso größer war auch das Risiko für eine Typ 2 Diabeteserkrankung in den Folgejahren. Bei Fetuin-A-Spiegeln im obersten Drittel (> 0,97 g/l) stieg die Diabeteswahrscheinlichkeit um fast das 2,5-fache an im Vergleich zur Gruppe mit Fetuin-A-Spiegeln im untersten Drittel (< 0,76 g/l) (HR 2,41; p = 0,007). Um einen unabhängigen Zusammenhang zwischen Fetuin-A und Typ 2 Diabetes zu zeigen, hatte man aus diesen Ergebnissen andere mögliche Einflussfaktoren bereits herausgerechnet, wie zum Beispiel körperliche Aktivität, Entzündungsmarker, Gewicht oder das Geschlecht. Lediglich die Adjustierung für das Bauchfett schwächte den Zusammenhang zwischen Fetuin-A und Typ 2 Diabetes leicht ab (HR 1,72) – trotzdem blieb das Ergebnis auch hier statistisch signifikant (p = 0,06).
Eine retrospektive Subgruppenanalyse mit 703 Personen aus der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam Studie kam nach 7 Jahren Beobachtungszeit zu ganz ähnlichen Ergebnissen: Auch hier erhöhte sich das Diabetesrisiko mit dem Anstieg der Fetuin-A-Spiegel im Blutserum deutlich. Vorgestellt wurden die Ergebnisse in einer Online-Vorabpublikation von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Tübingen und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE).
Das Fazit: Das in der Leber gebildete Protein Fetuin-A ist offenbar ein unabhängiger Risikomarker – und vermutlich auch ein Risikofaktor – für die Erkrankung Typ 2 Diabetes. Experten erhoffen sich von diesen Ergebnissen neue Therapieansätze für die Zukunft. In einem nächsten Schritt muss geklärt werden, ob der Zusammenhang zwischen Fetuin-A und Typ 2 Diabetes für alle Altergruppen zutrifft, oder ob es hier möglicherweise Unterschiede gibt.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quellen: Ix JH, Wassel CL, Kanaya AM et al. Fetuin-A and incident diabetes mellitus in older persons. JAMA 2008; 300: 182-8 Stefan N, Fritsche A, Weikert C et al. Plasma Fetuin-A Levels and the Risk of Type 2 Diabetes. Diabetes 2008; published online ahead of print, DOI: 10.2337/db08-0538 |