Schwangerschaftsdiabetes: Das Screening ist ab sofort für alle Schwangeren eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen
08.03.2012 Ab sofort ist ein Blutzucker-gestütztes Verfahren zum Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (=Gestationsdiabetes) verbindlicher Bestandteil der gesetzlichen geregelten Mutterschafts-Richtlinie.
Seit 3. März 2012 ist es soweit: Ein Blutzucker-gestütztes Verfahren zum Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (=Gestationsdiabetes) ist verbindlicher Bestandteil der gesetzlichen geregelten Mutterschafts-Richtlinie. Damit wird endlich der unzureichende Urinzucker-Suchtest abgelöst. Der Blutzuckertest kommt ca. 650.000 Schwangeren pro Jahr in Deutschland zugute.
Das Verfahren: In der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche trinkt die Schwangere ein Glas Wasser mit 50 g Glukose. Sie soll dafür nicht nüchtern sein. Eine Stunde später wird nach Blutentnahme aus der Vene der Blutzucker gemessen: Ein Wert von 135 mg/dl oder höher gilt als positiver Wert im Screening. Zeitnah schließt sich dann der Diagnosetest an.
Zum Diagnosetest kommt die Schwangere morgens nüchtern in die Praxis (nach mindestens 8 Stunden ohne Essen und Trinken, 1/2 bis 1 Glas Leitungswasser sind erlaubt). Zunächst wird ein Blutzucker aus Venenblut gemessen, dann 300 ml Wasser mit 75 g Glukose getrunken. Nach 1 und 2 Stunden wird der venöse Blutzucker erneut gemessen. Ist einer der 3 gemessenen Werte erhöht, spricht man von Gestationsdiabetes: Nüchtern > 92 mg/dl, nach 1 Stunde > 180 mg/dl, nach 2 Stunden > 153 mg/dl.
Liegt ein Gestationsdiabetes vor, dann übernimmt eine Diabetes-Schwerpunkteinrichtung die Betreuung in enger Zusammenarbeit mit der Frauenarztpraxis und der Entbindungsklinik. Eine Behandlung mit Blutzuckerselbstkontrollen, Ernährungsumstellung und möglichst viel Bewegung ist meist ausreichend. Nur bei etwa 20% wird Insulin benötigt, Tabletten sind in der Schwangerschaft nicht zugelassen. Ein Zuckertest 6 bis 12 Wochen nach der Geburt schließt den Behandlungszyklus ab.
Resümee: Der 3. März 2012 ist ein historisches Datum für die Verbesserung der Schwangeren-Vorsorge in Deutschland. Nun können auch sozial Schwache, Migrantinnen und sonstige Risikogruppen den Test machen lassen, die ihn aus Kostengründen bislang als IGEL nicht bezahlen konnten. Gerade sie profitieren davon. Bis eine Gebührenposition für den Test feststeht, erhalten die Schwangeren vorübergehend eine Rechnung vom Arzt nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die ihnen von der Krankenkasse in voller Höhe erstattet werden muss.
Autor: Dr.med. Helmut Kleinwechter, diabetologikum kiel, Diabetes-Schwerpunktpraxis und Schulungszentrum. Sprecher der Leitlinienexpertengruppe „Gestationsdiabetes“ der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.
Quelle: Kostenerstattung bei neuen Leistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 22.02.2012.
Siehe auch:
Wie hoch ist das Risiko, einen Schwangerschaftsdiabetes zu bekommen?
Ist eine Insulin-Therapie beim Schwangerschaftsdiabetes notwendig?
Ich bin schwanger: Habe ich ein Diabetesrisiko?
Wie wird ein Schwangerschaftsdiabetes behandelt?