Diabetes und Hypertonie (Bluthochdruck)
Hochdruck ist häufig Hochdruck ist gefährlich Hochdruck verläuft meist symptomlos Eine ausreichende Therapie verhindert bzw. verringert die Komplikationen
Prof. H. Lehnert, Dr. I. Muehlen, Klinik für Endokrinologie, Universitätsklinikum MagdeburgHier eine übersicht über diesen Artikel:
Die Blutdruckmessung Die Therapie des erhöhten Blutdrucks
Aktueller Stand
In Deutschland haben ca. 25% der 25-64-jährigen Frauen und sogar ca. 40% der Männer der derselben Altersgruppe eine arterielle Hypertonie (Bluthochdruck). Davon erhalten nur 20-30% der Betroffenen Blutdruckmedikamente und bei nur 7-13 % werden überhaupt normale Blutdruckwerte erreicht (1). Von einem Bluthochdruck spricht man ab Blutdruckwerten oberhalb von 135 / 85 mmHg. In den allermeisten Fällen wird die Neigung, im Laufe des Lebens erhöhte Blutdruckwerte zu entwickeln, genetisch vererbt. Begünstigt wird die tatsächliche Entwicklung erhöhter Blutdruckwerte durch einen Lebensstil mit psychosozialem Streß und Übergewicht infolge jahrelanger Überernährung (2). Bei Personen mit einem Diabetes mellitus Typ 2 (Alterszucker) kommt eine arterielle Hypertonie sogar noch häufiger vor als bei Personen ohne Diabetes mellitus (3).
Durch einen Bluthochdruck kann eine akute Gefährdung mit Todesfolge auftreten, außerdem können sich im Laufe der Erkrankung auch sogenannte Spätschäden entwickeln. Zu den akuten Gefährdungen gehören bei plötzlichem krisenhaften Blutdruckanstieg Herzinfarkt, Lungenödem (Überwässerung der Lunge mit Atemnot), Schlaganfall und Hirnblutung. Spätfolge ist eine Schädigung der Blutgefäße, die das Risiko für die genannten Akutkomplikationen deutlich erhöht.
Aus diesen Gründen ist es lebensnotwendig bzw. lebensverlängernd, wenn die erhöhten Blutdruckwerte in den Normbereich unter 135 / 75 mmHg gesenkt werden. Der Bluthochdruck bei gleichzeitig bestehendem Diabetes mellitus stellt eine besondere Gefährdung dar, da der Diabetiker schon allein durch den DDiabetes ein erhöhtes Risiko hat, eine allgemeine Blutgefäßverkalkung (Makroangiopathie) mit Folge der obengenannten Gefährdungen zu entwickeln. Weiterhin kann er im Rahmen der diabetischen Spätfolgen auch eine diabetische Netzhautschädigung (Retinopathie) bis hin zum Sehverlust und eine diabetische Nierenschädigung (Nephropathie) bis hin zur Notwendigkeit einer künstlichen Blutwäsche (Dialyse) erleiden. Die Entstehung dieser Folgeerkrankungen wird durch erhöhte Blutdruckwerte zusätzlich erheblich beschleunigt. Ein Diabetiker mit Bluthochdruck hat gegenüber einem Nicht-Diabetiker mit Bluthochdruck ein vierfach erhöhtes kardiovaskuläres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko (Erkrankungs- und Todesrisiko) (4).
Aus diesen Gründen ist es gerade für Diabetiker unerläßlich, die Blutdruckwerte unter den Bereich von 135 / 85 zu senken. Sind bereits Nieren- oder Augenhintergrundsschäden vorhanden, muß nach Empfehlungen der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) der Blutdruck sogar noch weiter unter 125 / 85 gesenkt werden.
Im Rahmen der UKPDS (United Kingdom Prospective Diabetes Study) konnte gezeigt werden, daß die Behandlung des erhöhten Blutdruckes ebenso (!) wichtig ist wie Blutzuckersenkung. Unabhängig von der Blutzuckereinstellung verminderte bereits eine Blutdrucksenkung unter 140/80 mmHg das Risiko für alle diabetischen Folgeerkrankungen zusammengenommen um 24%, für diabetische Todesfolgen um 32% und für Schlaganfälle um 44%. Das geringste kardiovaskuläre Risiko besteht nach Ergebnissen dieser an ca. 5000 Patienten durchgeführten Studie bei systolischen Blutdruckwerten unter 120 mmHg (5).
Neue Aspekte der Forschung und Entwicklung
Seit Jahren gibt es eine Vielzahl verschiedener Blutdruckmedikamente (Antihypertensiva). Als Medikamente der ersten Wahl zur Blutdrucksenkung für Diabetiker gelten bisher die ACE-Hemmer, da sie den Verlauf einer diabetischen Nierenschädigung verlangsamen. Sie sollten daher frühzeitig bei bereits bestehender Mikroalbuminurie (Albuminausscheidung im Urin) gegeben werden (6-7). Weiterhin sind sie Medikamente erster Wahl bei Diabetikern mit bereits eingetretener Herzinsuffizienz (8). Nach den Ergebnissen der UKPDS zeigte sich zur Verbesserung der Prognose eine ausreichende Blutdrucksenkung von erstrangiger Bedeutung, wobei die Art des blutdrucksenkenden Medikaments zweitrangig ist. Inzwischen gibt es neue Untersuchungen, die zeigen, daß bei gleicher Blutdrucksenkung mit einem AT1-Rezeptorantagonisten eine Nierenschädigung beim Diabetiker verzögert, bzw. wieder vermindert werden kann. Im Rahmen der IRMA-II-Studie wurde nachgewiesen, daß der AT1-Rezeptorantagonist Irbesartan unabhängig von dem Ausmaß der Blutdrucksenkung einen positiven Effekt auf die Nierenschädigung hat, bzw. deren Auftreten verzögert (9). Daher können die AT1-Antagonisten jetzt ebenso wie die ACE-Hemmer bereits bei einer Mikroalbuminurie eingesetzt werden. Es steht bisher jedoch noch der Vergleich der Wirkungen von ACE-Hemmern gegen AT1-Antagonisten auf die Nieren jeweils bei gleicher Blutdrucksenkung bis in den Normbereich aus. Als weitere blutdrucksenkende Mittel der zweiten Wahl kommen bei Diabetikern bevorzugt kardioselektive Betablocker, Kalziumantagonisten und Diuretika zur Anwendung.
Wissenswertes für Betroffende / Prävention
Die Blutdruckmessung
Die Blutdruckmessung erfolgt mit einer dem Oberarmumfang angepaßten Manschette im Liegen oder Sitzen nach fünf Minuten Ruhe. Beim ersten Mal ist der Blutdruck an beiden Armen zu messen. Im Folgenden werden die Kontrollen am Arm mit den höheren Werten durchgeführt. Sollten die Werte an einem Arm jedoch um mehr als 20/15 mmHg höher als am anderen Arm sein, sollten weitere Untersuchungen beim Arzt erfolgen. Werden erstmalig erhöhte Blutdruckwerte festgestellt, die sich bei mindestens drei Kontrollen bestätigen, sind ebenfalls weitere Untersuchungen zur Klärung der Ursache des Hochdrucks und der bereits eingetretenen Spätfolgen zu veranlassen (Anamnese, Untersuchung von Blutgefäßen, Herz, Nieren und Augen, eventuell Ausschluß hormoneller Ursachen).
Wahl der Blutdruckmanschette (10):
Oberarmumfang in cm |
Gummiteil der Manschette, Breite x -Länge in cm x cm |
< 33 |
12 bis 13 x 24 |
33 bis 41 |
15 x 30 |
> 41 |
18 x 36 |
Die Blutdruckmanschette wird 2,5 cm oberhalb der Ellenbeuge fest am Oberarm plaziert. Dabei wird der Arm gebeugt und in Herzhöhe positioniert. Dann wird die Manschette noch 30 mmHg über den Druck aufgepumpt, bei dem der Radialispuls verschwindet. Danach wird der Druck langsam wieder abgelassen. Dabei werden die Korotkow-Töne in der Ellenbeuge über der Arteria brachialis abgehört. Der Manometerstand beim ersten hörbaren Geräusch entspricht dem systolischen Blutdruck. Der Manometerstand nach vollständigem Verschwinden der Geräusche entspricht dem diastolischen Blutdruck. Nach einer kurzen Pause von 2 Minuten wird die 2. Messung durchgeführt. Wird der Blutdruck nicht selbst gemessen, ist gerade bei Diabetikern eine 24-Stunden-Blutdruck-Messung zu empfehlen, da bei ihnen als Zeichen auf bereits bestehende oder sich entwickelnde Endorganschäden (Niere) häufig der normale nächtliche Abfall des Bltudruckes fehlt. Darüberhinaus eignet sich diese Messung ebenso gut wie die Selbstkontrollen durch den Patienten als (Compliance-fördernde) Verlaufskontrolle bei einer eingeleiteten antihypertensiven Therapie.
Die Therapie des erhöhten Blutdrucks
Ausser der regelmäßigen Einnahme der genannten Medikamente kann der Patient noch durch bestimmte Allgemeinmaßnahmen zur Verbesserung seiner Blutdruckwerte beitragen:
Gewichtsreduktion (unter einen Body-Mass-Index von 25 kg / m2) Verminderung der Kochsalzzufuhr (weniger als 5 g pro Tag) Regelmäßige sportliche Betätigung Verminderung des Alkoholkonsums Bei Belastung/Anspannung ggfs. Anwendung von Entspannungsverfahren Bekämpfung weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Rauchen und Senkung erhöhter Blutfette (Hyperlipidämie)
Zu Beginn einer Blutdruckbehandlung wird häufig vorübergehend eine verminderte Belastbarkeit (beim Treppensteigen) sowie ein leichter Druck im Kopf verspürt. Daher sollte die Blutdrucksenkung langsam über mehrere Wochen erfolgen. Der Patient muß über die genannten Symptome informiert sein, um seine Compliance zu erhalten. Diese ist bekanntermaßen in bezug auf die Einnahme der Antihypertensiva in vielen Fällen unzureichend, da die arterielle Hypertonie oft symptomlos ist und der Patient sich nach langjähriger Gewöhnung an die erhöhten Werte hierbei sogar wohlfühlt. Daher sollte er im Verlauf bei jeder Vorstellung ermutigt werden, auch nach Erreichen des Therapieziels (normale Blutdruckwerte unter 135 / 85 mmHg) seine Medikamente weiter einzunehmen und die obengenannten zusätzlichen Maßnahmen fortzuführen.
Literatur
1. Gasse C et al.: Assessing hypertension management in the community: trends of prevalence, detection, treatmeent and control of hypertension in the MONICA Project, Augsburg 1984-1995, J Hum Hypertens 2001 15: 27-36 2. Tennant C: Life stress and hypertension, J Cardiovasc Risk 2001, Feb 8 (1): 51-56 3. Hanefeld M et al: Diabetes Intervention Study. Multi-intervention trial in newly diagnosed NIDDM. Diabetes Care 1991 (4): 308-317 4. Hypertension in Diabetes Study (HDS): II: Increased risk of cardiovascular complications in hypertensive type 2 diabetic patiens. J Hypertens 1993 Mar (3): 319-325 5. Adler AI et al.: Association of systolic blood pressure with macrovascular and microvascular complications of type 2 diabetes (UKPS 36): prospective observational study. BMJ 2000 32(7258): 394-395 6. Laffel LM et al.: The beneficial effect of angiotensin-converting enzyme inhibition with captopril on diabetic nephropathy in normotensive NIDDM patients with microalbuminuria. North American Microalbuminuria Study Group. Am J Med 1995 (5): 497-504 7. Lewis EJ et al.: The effect of angiotensin-converting enzyme inhibition on diabetic nephropathy. The collaborative Study Group. N Engl J Med 1993 (20): 1456-1462 8. SOLVD Investigators. Effect of enalapril on survival of patients with reduced left ventricular ejection fractions and congestive heart failure. N Engl J Med 1991 (5): 293-302 9. Parving HH et al.: Results of the IRMA-II-study. Ash-Congress, San Francisco, May 2001 10. Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks e.V. 1997
Dr. Isabel Mühlen, Prof. Dr. Hendrik Lehnert; Klinik für Endokrinologie, Universitätsklinikum Magdeburg
Stand: September 2001 |