Gestillte Kinder entwickeln seltener einen Typ 2 Diabetes
(23.04.2008) Stillen hat viele Vorteile für das Kind und die Mutter. Einem hiervon sind Wissenschaftler um Elizabeth J. Mayer-Davis von der Universität in South Carolina, Columbia, auf der Spur: Datenanalysen aus einer großen Studie mit Teenagern liefern Hinweise, dass gestillte Kinder seltener einen Typ 2 Diabetes entwickeln.
Stillen hat viele Vorteile für das Kind und die Mutter Foto: TKK
Muttermilch gilt nach wie vor als die beste Form der Säuglingsnahrung – und wird deshalb Frauen mit und ohne Diabetes gleichermaßen empfohlen. Untersuchungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass das Stillen unter anderem die Entwicklung der kindlichen Immunabwehr fördert. Darüber hinaus soll die Muttermilch vor späterem Übergewicht schützen: Verschiedene Studien konnten belegen, dass über einen längeren Zeitraum gestillte Kinder später in ihrem Leben seltener von Übergewicht betroffen sind. Aber auch für die Mutter gibt es Vorteile: Eine prospektive Beobachtungsstudie kam zu dem Ergebnis, dass Mütter, die gestillt haben, seltener an einem Typ 2 Diabetes erkranken (JAMA 2005; 294: 2601-2610).
Wissenschaftler aus den USA sind in einer neuen Untersuchung der Frage nachgegangen, ob sich das Stillen möglicherweise auch auf das Risiko für einen Typ 2 Diabetes im Kindes- und Jugendalter auswirkt. Hierfür wertete das Team um Elizabeth J. Mayer-Davis die Daten einer großen Studie aus, die mit Jugendlichen im Alter von 10 bis 21 Jahren durchgeführt worden war. In ihre Analysen schlossen die Wissenschaftler insgesamt 80 Jugendliche mit Typ 2 Diabetes und 167 gleichaltrige Kontrollpersonen ohne Diabetes ein. Bei den leiblichen Müttern der Testpersonen holte sich das Studienteam ausführliche Informationen darüber ein, ob und wie lange die Kinder nach der Geburt gestillt wurden.
Das ERGEBNIS: Tatsächlich zeigte sich ein auffälliger Zusammenhang zwischen dem Stillen und der Typ 2 Diabetesrate. Jugendliche mit einem Typ 2 Diabetes waren als Säugling seltener gestillt worden – dies traf für alle untersuchten ethnischen Gruppen zu. Insgesamt betrug die Stillhäufigkeit bei Typ 2 Diabetikern im Vergleich zu Nicht-Diabetikern
- 20 vs. 27 Prozent in der Gruppe der Afro-Amerikaner
- 50 vs. 84 Prozent in der Gruppe der Personen mit lateinamerikanischer Herkunft
- 39 vs. 78 Prozent in der Gruppe der Weißen.
Dabei ging es um die Frage, ob das Kind zu irgendeinem Zeitpunkt oder niemals gestillt worden war. In einem zweiten Schritt fanden Mayer-Davis und ihr Team Hinweise, dass auch die Stilldauer eine Rolle spielt und dass das Erkrankungsrisiko mit zunehmender Stilldauer tendenziell sinkt.
Weitere Analysen aus der gleichen Studie legen nahe, dass der „Typ 2 Diabetesschutz“ durch das Stillen zu einem großen Teil auf die geringere Gewichtszunahme im Kindesalter zurückzuführen war. Aus Tierversuchen ist bekannt, dass die Art der Ernährung im Neugeborenen-Alter bestimmte Gehirnregionen (mediobasaler Hypothalamus) beeinflusst, die für die Regulation von Appetit und Körpergewicht zuständig sind. Ob und inwieweit sich diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen, ist bisher aber nicht geklärt. Letztendlich sind die Mechanismen für den Zusammenhang zwischen Stillen, Stilldauer und späterem Gewicht nur unvollständig erforscht. Außerdem nehmen die Wissenschaftler an, dass das Stillen auch einen eigenständigen – und von der Gewichtsentwicklung unabhängigen – schützenden Einfluss auf das spätere Diabetesrisiko hat.
Unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit scheint das Stillen die Wahrscheinlichkeit für einen späteren Typ 2 Diabetes beim Kind zu verringern. Neben vielen anderen Argumenten sicherlich ein weiterer Grund dafür, Mütter zum Stillen ihrer Kinder zu ermutigen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Mayer-Davis EJ, Dabelea D, Lamichhane AP et al. Breast-feeding and type 2 diabetes in the youth of three ethnic groups: the SEARCh for diabetes in youth case-control study. Diabetes Care 2008; 31: 470-475 |