Wird das Diabetesrisiko durch das Übergewicht des Vaters übertragen?
11.01.2011 Es ist bekannt, dass Übergewicht familiär gehäuft auftritt. Mit dem Übergewicht steigt auch das Risiko für Typ 2 Diabetes. Dabei spielen sowohl Ernährungsgewohnheiten als auch die Gene (Vererbung) eine Rolle. Nun wurde eine sensationelle neue Entdeckung gemacht: Wenn Väter zu viel essen, schaden sie ihrem Nachwuchs.
Es sind verschiedene Veränderungen der Gene bekannt, die das Risiko für einen Typ2 Diabetes erhöhen. Diese Genmutationen können über Generationen hinweg weitergegeben werden. Australische Wissenschaftler sind nun der Frage der familiären Häufung von Übergewicht und Diabetes nachgegangen und haben an einem Tiermodell untersucht, welchen Einfluss die Ernährung in der Vererbung hat.
Männliche Ratten wurden entweder fettreich ernährt und somit übergewichtig gemacht, andere Tiere wurden schlank gehalten. Alle Tiere hatten kein besonderes genetisches Diabetesrisiko. Nach der Verpaarung mit schlanken Weibchen wurden die Nachkommen weiter untersucht. Es zeigte sich, dass die weiblichen Nachkommen der übergewichtigen Väter eine gestörte Insulinproduktion hatten, obwohl sie selbst schlank waren. Dies wurde durch eine veränderte Wirkung (eine Expressionsstörung) der mutmaßlich vom Vater geerbten Gene erklärt.
Wie kann ein Vater mit Übergewicht ein erhöhtes Diabetesrisiko für seine schlanke Tochter herbeiführen? Die Vermutung der Autoren ist, dass das Übergewicht der Vatertiere die Spermien als Überträger der väterlichen Gene so verändert, dass sich dies in der Nachfolgegeneration u.a. auf den Zuckerstoffwechsel auswirkt.
Kommentar: Dies sind neue und sensationelle Befunde. Es bleibt offen, ob die hier beschriebene Störung der Insulinsekretion bei den weiblichen Nachfahren der überernährten Väter rückgängig gemacht werden kann, z.B. durch Fasten. Auch können diese Ergebnisse vom Tier nicht ungeprüft auf den Menschen übertragen werden. Interessanterweise zeigt sich aber auch beim Menschen, dass das väterliche Übergewicht mit dem der Töchter korreliert.
Die spannende Frage ist nun, ob dies - falls es auch für den Menschen zutrifft - zu einer sich über Generationen weitergegeben Erhöhung des Risikos für Übergewicht und Diabetes führen kann. Wenn dies so wäre, könnte die Welle des Zuwachses von Übergewicht und Diabetes in Zukunft noch steiler ausfallen als erwartet.
Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Sven Schinner, Oberarzt der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf
Quelle: SF Ng et al.: Chronic high-fat diet in fathers programs β-cell dysfunction in female rat offspring. Nature 2010 Oct 21; 467(7318):963-6.
Siehe auch:
Kann man das vererbte Diabetesrisiko bestimmen?
Gewichtsabnahme: Welche Maßnahmen sind wirksam?