Sind elektronische Patientenakten vorteilhaft für Menschen mit Diabetes?
28.10.2011 Mit Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wird in Deutschland erneut die Frage diskutiert, ob die Nutzung von elektronischen Patientenakten in der Arztpraxis auch die Qualität der medizinischen Versorgung verbessert. Eine neue Studie aus den USA zeigt nun die Vorteile für Menschen mit Diabetes auf.
Ob elektronische Patientenakten (EPA) die Qualität der ärztlichen Tätigkeit verbessern, im Vergleich zur klassischen Papier-Akte, ist umstritten. Die Ergebnisse einer retrospektiven Studie aus Cleveland (USA) wurden jetzt im renommierten New England Journal of Medicine publiziert. Dr. Randall Cebul und Mitarbeiter haben die Daten von mehr als 27.000 Patienten ausgewertet und sind dabei zu neuen Ergebnissen gekommen: Ärzte, die eine Papier-Akte führen, schaffen es danach weniger gut, die Standards der Diabetiker-Versorgung optimal zu erfüllen: Regelmäßige HbA1c-Bestimmungen, Nierenchecks, Augenuntersuchungen und Impfungen wurden von Ärzten, die einen Papierakte führen, seltener durchgeführt (6,6%) im Vergleich mit Ärzten, die elektronische Patientenakten nutzen (50,9%).
Auch erfolgreiche Behandlungsergebnisse (HbA1c-Wert kleiner als 8%, Blutdruck unter 140/80 mmHg, LDL-Cholesterin niedriger als 100 mg/dl und Body-Mass-Index unter 30) erreichten Patienten bei Ärzten mit Papier-Akten seltener (15,7%) im Vergleich zu Ärzten, die elektronische Akten führten (43,7%). Der Anteil der Patienten, die nicht mehr rauchen, lag bei Ärzten mit EPA höher (82,1%) im Vergleich zu Ärzten mit Papier-Akten (52,3%).
Auf der anderen Seite muss berücksichtigt werden, dass in Arztpraxen mit Papier-Akten mehr Patienten ohne Krankenversicherung, mit niedrigerem Bildungsniveau und ein höherer Anteil Nicht-Weißer behandelt wurden. Werden diese Unterschiede bei der Auswertung berücksichtigt, so vermindern sich die Vorteile beim Behandlungserfolg mit der elektronischen Patientenakte; sie bleiben aber prinzipiell bestehen.
Schlussfolgerungen: Die Studie unterstützt die Bestrebungen vieler offizieller Stellen im Gesundheitswesen, auch aus Gründen der Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung elektronische Patientenakten einzuführen. Allerdings kann sie nicht die Frage beantworten, ob es neben der Art der Aktenführung weitere Ursachen für die Unterschiede in der Behandlung und deren Ergebnissen gibt.
Quelle: Cebul RD et al: Electronic Health Records and Quality of Diabetes Care. N Engl J Med 2011; 365: 825-833.
Siehe auch:
Diabetes-Beraterinnen verbessern die Behandlungserfolge bei Diabetes
Verbesserte Behandlung des Diabetes mit Hilfe von Internet und Mobiltelefon