Sensationeller Erfolg bei Behandlung von Diabetes mit Nierenschwäche
23.05.2019 Erstmals seit vielen Jahren gibt es für Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung ein neues Medikament, welches das Fortschreiten eines Nierenversagens aufhält
Typ-2-Diabetes ist neben Bluthochdruck die führende Ursache für chronische Nierenschwäche und Nierenversagen in Deutschland. In Studien zum Herz-Kreislaufrisiko bei Typ-2-Diabetes hatte es bereits deutliche Hinweise dafür gegeben, dass SGLT2-Hemmer, eine neue Stoffklasse von Antidiabetika, einen günstigen Effekt auf die Nieren ausüben. Nach den Ergebnissen der sog. CREDENCE-Studie mit dem Wirkstoff Canagliflozin kann daran nun nicht mehr gezweifelt werden.
In dieser doppelt verblindeten Studie wurden Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer chronischen Nierenerkrankung bei erhöhter Albuminausscheidung im Urin entweder mit den Tabletten Canagliflozin100 mg/Tag oder Plazebo behandelt. Bei den Patienten dieser Studie lag bereits eine leichte, moderate oder auch schon eine ausgeprägte Nierenfunktionsstörung vor. Die Frage war, ob durch die Gabe von Canagliflozin das Eintreten eines kompletten Nierenversagens mit Notwendigkeit der Dialyse oder Nierentransplantation, ein schwerer Abfall der Nierenfunktion auf eine glomerulären Filtrationsrate von unter 15 ml/min oder gar Todesfälle wegen der Nierenerkrankung oder aus kardiovaskulärer Ursache verhindert werden können. Die Studie wurde wegen der bereits bei der Zwischenauswertung eindeutig sichtbaren günstigen Wirkung von Canagliflozin im Vergleich zu Placebo vorzeitig abgebrochen. Wie sind die Studienergebnisse?
Bei der vorzeitigen Beendigung der Studie waren etwas mehr als 4.400 Patienten in beiden Gruppen über eine mittlere Behandlungsdauer von etwa 2,6 Jahre behandelt worden. Durch die Behandlung mit Canagliflozin wurde das Risiko für einen der o.g. Endpunkte um 30% reduziert. In der Behandlungsgruppe traten entsprechende Ereignisse in 43 Fällen auf 100 Patienten-Jahre auf, in der Plazebo-Gruppe waren es 61 Fälle. Speziell wurde durch das Medikament der Abfall der Nierenfunktion stark verlangsamt und die Todesfälle aus renaler (Nieren-) Ursache wurden um 1/3 gesenkt. In der mit Canagliglozin behandelten Gruppe waren auch weniger häufig kardiovaskuläre Todesfälle Fälle, Herzinfarkt oder Schlaganfall oder auch Krankenhausaufnahmen wegen Herzschwäche zu verzeichnen.
Zusammenfassung und Kommentar: Schon nach einer Laufzeit von durchschnittlich 2,6 Jahren zeigte sich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und Nierenerkrankung unter Behandlung mit Canagliflozin ein eindrucksvoller positiver Effekt sowohl auf das Fortschreiten der Nierenerkrankung als auch auf kardiovaskuläre oder durch die Niere bedingte Todesfälle sowie das Risiko für Herzinfarkt, Herzschwäche und Schlaganfall. Besonders beeindruckend ist, dass diese Patienten bereits die nach dem aktuellen Standard optimale Behandlung erhalten hatten. Nach diesen Daten sollten nun alle Patienten mit einer diabetischen Nephropathie mit Canagliflozin behandelt werden. Bisher ist das Medikament in Deutschland nicht für GKV Patienten zugelassen; dies wäre aber nun dringend angezeigt. Wahrscheinlich handelt es sich hier aber um einen Klasseneffekt, sodass auch die Behandlung mit einem der beiden in Deutschland zugelassenen SGLT2-Hemmer Empagliflozin oder Dapagliflozin möglich ist, sowie es die Ergebnisse der entsprechenden Studien mit diesen Substanzen bereits wahrscheinlich gemacht hatten.
Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum
Quellen:
1. Perkovic V, Jardine MJ, Neal B, et al. Canagliflozin and Renal Outcomes in Type 2 Diabetes and Nephropathy. New Engl J Med, April 14, 2019; DOI: 10.1056/NEJMoa181174
2. Ingelfinger JR, Rosen CJ. Editorial. Clinical Credence — SGLT2 Inhibitors, Diabetes, and Chronic Kidney Disease.NewEngl J Med, April 14, 2019; DOI: 10.1056/NEJMe1904740