Der Tag-Nacht-Rhythmus beeinflusst die Insulinsekretion
22.05.2019 Faszinierende Ergebnisse haben Forscher aus der Universität Genf (Schweiz) vorgestellt: Die Insulin-Sekretion besteht unter dem Einfluss des Lichts
Die innere Uhr spielt eine wichtige Rolle für alle Rhythmen von Körperfunktionen, Organen und Zellen, speziell der Hormonsekretion. Die Universität Genf in der Schweiz hat bereits in den vergangenen Jahren wichtige neue Erkenntnisse zur Regulation der inneren Uhr durch das Licht und bestimmte Teile des Zwischenhirns geliefert. Eine besondere Rolle kommt dabei den ventromedialen Nukleus des Hypothalamus (VMH) zu, dem über das lichtabhängige Hormon Melatonin und über Nervenfasern Signale für Tag oder Nacht zugespielt werden. Der VMH kontrolliert aber auch über das sog. sympathische autonome Nervensystem die Funktion verschiedener Organe wie Muskeln oder Bauchspeicheldrüse.
Die Wissenschaftler haben nun durch ihre Untersuchungen bei Mäusen herausgefunden, dass Insulin eine ganz besondere Rolle dabei spielt, wie die Tag / Nacht - Rhythmen auf die einzelnen Körperzellen übertragen werden.Auch im Nüchternzustand ist die Insulinsekretion nicht konstant sondern sie fluktuiert in ganz bestimmten Rhythmen. Auch die Empfindlichkeit verschiedener Körperzellen auf Insulin fluktuiert über 24 Stunden hinweg entsprechend einem sogenannten zirkadianen Rhythmus. Die Abstimmung zwischen dem Tag/Nacht-Rhythmus und der Stimulation der Insulinsekretion erfolgt im o.g. VMH, einem winzig kleinen Steuerorgan an der Basis des Gehirns.
Kommentar: Aus den Ergebnissen der hier vorgestellten wissenschaftlichen Untersuchungen kann u.a. abgeleitet werden, was wir schon aus der Praxis wissen, nämlich dass die Wirkung der gleichen Insulindosis zu verschiedenen Tageszeiten sehr unterschiedlich sein kann und dass dadurch z.B. selbst geringe Dosen von Insulin bei Nacht Unterzuckerungen auslösen können. Der in der vorliegenden Studie nicht untersuchte Aspekt ist die Tatsache, dass der wesentliche Teil der Insulinausschüttung durch kohlenhydrathaltige Mahlzeiten angeregt wird und dass das im Blut zirkulierende Insulin auch auf den VMH des Hypothalamus zurückwirkt, der dann sowohl den Tag/Nacht-Rhythmus als auch den Rhythmus der Nahrungszufuhr zu koordinieren hat. Die Konsequenz davon ist eigentlich klar: Für einen gesunden Lebensstil brauchen wir geregelte Tagesabläufe mit genügend Schlaf und auch regelmäßigen Zeiten für das Essen. Dies trifft ganz besonders für Menschen mit Diabetes zu.
Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum
Quellen:
Aras E, Ramadori G, Kinouchi K, et al. Light entrains diurnal changes in insulin sensitivity of skeletal muscle via ventromedial hypothalamic neurons. Cell Reports, 2019; 27(8): 2385 DOI: 10.1016/j.celrep.2019.04.093