Der Typ-2-Diabetes gehört zu den Erkrankungen, die sich durch das eigene Verhalten und den Lebensstil ganz wesentlich beeinflussen lassen. Hierin liegt eine große Chance für den Betroffenen: Er kann den Verlauf der Erkrankung aus eigener Anstrengung heraus verändern und enorm viel für sich und seine zukünftige Lebensqualität tun.
In den meisten Fällen beschränkt sich die Therapie des Typ-2-Diabetes nicht „nur“ auf die Normalisierung des Blutzuckers. Zusätzlich müssen oft auch Blutdruck, Blutfette und andere Störungen mitbehandelt werden. Dies ist vor allem wichtig, um Folgeerkrankungen an den großen Gefäßen und am Herzen zu verhindern.
Bei übergewichtigen Menschen mit Typ-2-Diabetes stehen die Umstellung der Ernährung und mehr körperliche Aktivität im Vordergrund der Behandlung. Diese beiden Maßnahmen sind bei konsequenter Anwendung in der Regel sehr wirksam.
Häufig lassen sich zu Beginn eines Diabetes durch eine Gewichtsabnahme in der Größenordnung von 5-10 kg oder mehr weitgehend normale Blutzuckerwerte erreichen. Oft sind aber auch schon 3-5 kg ausreichend, um die Blutzuckerwerte deutlich zu senken. Von Radikaldiäten ist allerdings dringend abzuraten: Diese sind aus gesundheitlicher Sicht häufig nicht unbedenklich und führen auch nur kurzfristig zum Erfolg. Die Gewichtsabnahme sollte langsam und stetig erfolgen. Nur so lässt sich das Körpergewicht wirklich dauerhaft senken.
Für die Nahrungsumstellung wird eine fettarme und ballaststoffreiche, vollwertige, gesunde Mischkost empfohlen. Der Erfolg der Ernährungsumstellung kann durch regelmäßige Bewegung noch deutlich gesteigert werden. Körperliche Aktivität ist der Schlüssel für eine gute Insulinwirkung. Durch Bewegung werden die Zellen „sensibler“ für das lebenswichtige Hormon Insulin: Dieses kann seine Wirkung viel besser entfalten und der Blutzucker wird gesenkt. Da Insulinresistenz auch die Gefäßverkalkung (Atherosklerose) fördert, lässt sich mit mehr Bewegung gleichzeitig etwas gegen ein erhöhtes Herz-Kreislaufrisiko tun.
Um die genannten Wirkungen zu erreichen, muss die körperliche Aktivität noch nicht einmal schweißtreibend sein: Wer zum Beispiel täglich (oder zumindest an 5 Tagen in der Woche) eine halbe Stunde zügig spazieren geht oder zügig Fahrrad fährt, hat seinem Köper bereits sehr viel Gutes getan – die Insulinempfindlichkeit steigt deutlich und neben dem Blutzucker verbessern sich auch die Blutfette und der Blutdruck.
Wichtig zu wissen: Mehr Bewegung führt nicht immer automatisch zu einer Gewichtsabnahme. Selbst wenn die Pfunde nach dem Sport nicht weniger werden, stellt sich der positive Effekt gegen die Insulinresistenz aber auf jeden Fall ein. Gewichtsreduktion, regelmäßige körperliche Aktivität und die Verbesserung der Fitness wirken sich auch günstig auf den Blutdruck und die Blutfette aus.
Erst wenn Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme und deutlich mehr körperliche Aktivität keine ausreichenden Erfolge zeigen, sollten zusätzlich blutzuckersenkende Medikamente eingesetzt werden.
Es stehen verschiedene blutzuckersenkende Tabletten zur Verfügung, die nach unterschiedlichen Wirkprinzipien funktionieren. Es gibt es Tabletten, die
Wenn auch mit Tabletten der Blutzuckerspiegel nicht (oder nicht mehr) ausreichend gesenkt werden kann, muss Insulin verabreicht werden.
Metformin gehört zur Wirkstoffgruppe der Biguanide. Das Medikament hemmt die körpereigene Glukoseherstellung in der Leber und die Glukoseausschüttung aus der Leber. Dies führt vor allem zur Absenkung der Nüchtern-Blutzuckerwerte (= Blutzuckerwerte im Nüchternzustand). Außerdem verbessert Metformin auch die Insulinwirkung an Muskel und Fettgewebe. Ein weiterer Angriffspunkt von Metformin ist die Verzögerung der Glukoseaufnahme aus dem Darm. Außerdem vermindert Metformin den Appetit.Metormin ist das am besten etablierte orale Antidiabetikum. Bei alleiniger Therapie mit Metformin sind keine Unterzuckerungen zu erwarten. Metformin ist in Kombination mit allen anderen oralen Antidiabetika, mit Insulin und mit GLP1-Rezeptoragonisten zugelassen. Häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit, Brechreiz, Blähungen und Durchfall. Vor größeren Operationen und vor Anwendung jodhaltiger Röntgenkontrastmitteln muss Metformin abgesetzt werden.
Acarbose und Miglitol gehören zur Wirkstoffgruppe Alpha-Glucosidase-Inhibitoren, d.h Stoffe, die durch eine Hemmung des Enzyms Alpha-Glucosidase die Spaltung von Doppelzucker in Einfachzucker bewirken. Um eine gute Stoffwechseleinstellung zu erreichen, ist es günstig, wenn die mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate aus dem Darm langsam in das Blut gelangen. Acarbose und Miglitol verzögern den Abbau von Kohlenhydraten und verringern so den Blutzuckeranstieg nach den Mahlzeiten. Der blutzuckersenkende Effekt ist deutlich geringer als der von Metformin. Häufigste Nebenwirkungen sind Blähungen, Winde, Durchfall und Bauchschmerzen.
Glibenclamid, Glimepirid u. a. (Sulfonylharnstoffe): Es gibt zahlreiche Substanzen, die zur Wirkstoffgruppe der Sulfonylharnstoffe gehören. Ihnen allen ist die Sulfonylharnstoff-Struktur gemeinsam. Die in Deutschland am häufigsten eingesetzten Medikamente aus diesem Bereich sind Glibenclamid und Glimepirid. Der Hauptangriffspunkt der Sulfonylharnstoff-Präparate sind die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). In diesen Zellen wird das Hormon Insulin produziert und freigesetzt. Bei einem Typ-2-Diabetes liegt – im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes – zunächst kein absoluter Insulinmangel vor. Vielmehr erfolgt die Ausschüttung des Insulins verzögert und in den meisten Fällen wird sogar sehr viel Insulin produziert. Die Körperzellen reagieren jedoch nur abgeschwächt auf den Insulinreiz und können die Glukose nur noch eingeschränkt aufnehmen. Die Sulfonylharnstoffe verstärken die Ausschüttung des Insulins aus den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse und führen so zu einer Absenkung des Blutzuckerspiegels. Häufigste Nebenwirkungen sind Unterzuckerungen und Gewichtszunahme.
Repaglinide und Nateglinide (Glinide) sind Vertreter einer Wirkstoffgruppe von Insulinsekretionsförderern. Ähnlich wie die Sulfonylharnstoffe stimulieren auch Glinide die körpereigene Herstellung und Freisetzung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse. Durch die erhöhte Insulinausschüttung kann die Glukose aus der Nahrung wieder besser verwertet werden. Meist erfolgt die Insulinfreisetzung schneller und weniger langanhaltend als bei den Sulfonylharnstoffen. Häufigste Nebenwirkung sind Unterzuckerungen. Nateglinide ist nur in Kombination mit Metformin zugelassen.
Pioglitazon (Glitazone bzw. Thiazolidindione) sind Insulinsensitizer, was „Empfindlichmacher für Insulin“ bedeutet: Sie verbessern die Insulin-Wirkung an den Körperzellen bzw. reduzieren die Insulinresistenz, die eine wesentliche Ursache des Typ-2-Diabetes ist. Wenn die Insulin-Empfindlichkeit erhöht wird, gelangt mehr Glukose aus dem Blut in die Zellen und kann dort verarbeitet werden. Hierdurch werden die Blutzuckerwerte gesenkt und die Bauchspeicheldrüse entlastet, denn sie muss nicht mehr in Übermaßen Insulin herstellen.
Unter Pioglizazon kann es u.a. zu einer deutlichen Gewichtszunahme und zur Ausbildung von Ödemen mit Beinschwellungen kommen. Besonders bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche) darf Pioglitazon nicht gegeben werden.
DPP-4-Hemmer (DPP4-Inhibitoren). Diese Präparate hemmen den Abbau des körpereigenen Enzyms Glucagon-like Peptide 1 (= GLP-1). Unter dem Einfluss von GLP-1 wird nach dem Essen die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse angeregt und gleichzeitig die Glukoseausschüttung aus der Leber gebremst. Hierdurch sinkt der Blutzuckerspiegel. Beim Typ-2-Diabetiker wird in der Regel weniger GLP-1 freigesetzt als beim Gesunden. DPP4-Hemmer führen beim Typ 2-Diabetes zu einer Absenkung erhöhter Blutzuckerspiegel. Der Effekt der DPP4-Hemmer verschwindet, wenn der Blutzucker unter den Normbereich abfällt. Daher gibt es untereiner alleinigen Therapie mit DPP4-Hemmern keine Unterzuckerungen. Die zugelassenen DPP4-Hemmer dürfen in Kombination mit Metformin, Suflonylharnstoffen und Pioglitazon eingesetzt werden. Sinnvoll ist eine Kombination mit Metformin, weil auch dieses Präparat keine Unterzuckerungen verursacht.
GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1 Mimetika). Diese Stoffe ahmen die Wirkung des Inkretin-Hormons Glukagon-like-Peptide-1 (GLP-1) nach. Das körpereigene Hormon GLP-1 wird nach Zufuhr einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit vom Darm in den Blutkreislauf ausgeschüttet.GLP-1 führt insbesondere zu einer Unterdrückung der Glukoseausschüttung aus der Leber, zu einer kurzfristigen Steigerung der körpereigenen Insulinausschüttung und zu einer Verlangsamung der Magenentleerung. Während das körpereigene Hormon GLP-1 nur über wenige Minuten wirksam ist und dann abgebaut wird, haben bisher zugelassenen Präparate haben eine mehr oder minder ausgeprägte Langzeitwirkung und müssen unter die Haut gespritzt werden: Exenatide wird 2x/Tag gespritzt, Liraglutid 1x/Tag und Exenatid 1xwöchentlich wird 1x/Woche gespritzt.
Eine Therapie mit diesen Medikamenten führt beim Typ 2-Diabetes zu einer Senkung des Blutzuckers und zu einer mittleren Gewichtsabnahme um 3-4 kg. Unter einer alleinigen Therapie mit einem GLP-1-Rezeptoragonisten kommt es nicht zu Unterzuckerungen. Häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Durchfall. Diese treten insbesondere zu Beginn der Behandlung auf und führen etwa bei jedem zehnten Patienten zum Abbruch der Therapie.
SGLT2-Hemmer
Diese Substanzen hemmen die Zurückholung von Glukose aus den Nierenkanälchen in die Blutbahn. Dies führt zu einer vermehrten Ausscheidung von Glukose im Urin und zu einer Absenkung des Blutzuckerspiegels mit einer HbA1c-Senkung um 0,5 bis 1%. Wichtigste Nebenwirkungen sind Genitalinfektionen (Vulvovaginitis, Balanitis). In Deutschland ist im November 2012 Dapagliflozin (Tablette) als erster SGLT2-Hemmer zugelassen worden. Das Präparat darf in Kombination mit allen anderen zugelassenen blutzuckersenkenden Medikamenten einschließlich Insulin verordnet werden.
Insulin
Zu Beginn der Erkrankung liegt beim Typ-2-Diabetiker nur ein relativer Insulinmangel vor, denn die Zellen in der Bauchspeicheldrüse stellen noch Insulin her. Das Problem ist aber die Insulinresistenz, das heißt, dass das Insulin im Körper nicht mehr richtig wirkt, so dass größere Mengen von Insulin gebraucht werden, um den Blutzucker zu regulieren. Der Insulinspiegel im Blut ist zu diesem Zeitpunkt meist hoch: Die Bauchspeicheldrüse versucht, die Insulinresistenz zu kompensieren, indem sie ganz einfach größere Mengen Insulin herstellt.
Erst nach einigen Jahren oder Jahrzehnten erschöpft sich die Bauchspeicheldrüse. Sie produziert immer weniger Insulin bis hin zum weitgehenden Versagen der Insulinproduktion, wodurch ein „echter“ Insulinmangel entsteht. Zu diesem Zeitpunkt ist eine alleinige Behandlung mit Tabletten nicht mehr wirksam, eine Insulintherapie wird erforderlich. Es sind mehrere Methoden der Insulinbehandlung möglich. Hier einige Beispiele: