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Gute Aussichten für Menschen mit Typ 1 Diabetes
Es geht also voran in Richtung Prävention und Heilung des Typ 1 Diabetes. Der Typ 1 Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es in Folge einer Entzündungsreaktion der Pankreasinseln zu einem Verlust der Insulin-produzierenden Zellen kommt, so dass die Patienten lebenslang mit Insulin behandelt werden müssen.
Die von Louvet und Kollegen erzielten Therapieerfolge bei Mäusen (siehe News auf www.diabetes-deutschland.de vom 30.01.2009 ) spiegeln schon recht gut ein reales Szenario beim Menschen wider. NOD-Mäuse bekommen im Jugendalter einen insulinpflichtigen Diabetes mit einer Entzündung der Pankreasinseln, einem Verlust der Insulin-produzierenden Zellen und allen anderen Autoimmunphänomenen einschließlich Inselzellantikörpern, wie wir es vom Typ 1 Diabetes kennen. Den Wissenschaftlern ist es durch den Einsatz des Krebsmittels Imatinib nicht nur gelungen, den Ausbruch des Diabetes bei NOD-Mäusen zu verhindern, sondern es ist auch gelungen, einen bereits ausgebrochenen Diabetes durch dieses Medikament zu heilen.
Diese Erfolge sind in vielfacher Hinsicht bemerkenswert. Frühere Versuche, den Diabetes bei diesen Tieren zu verhindern oder zu heilen, waren überwiegend durch Maßnahmen erfolgt, die zu einer starken Unterdrückung des gesamten Immunsystems führten (Immunsuppression). Entsprechend stark waren die Nebenwirkungen. Auch bei einer Anwendung solcher Maßnahmen beim Menschen. Da ja Menschen mit Typ 1 Diabetes in der Regel noch den größten Teil ihres Lebens vor sich haben, gilt es hier, durch die Therapie keinen Schaden zu verursachen.
Ein wesentliches neues Therapieprinzip bei Autoimmunerkrankungen wie dem Typ 1 Diabetes ist nun die Immunmodulation, d.h. eine möglichst gezielte Veränderung des Immunsystems, die zu einer Abschwächung einer ganz bestimmten Immunreaktion an ganz bestimmten Organen führt. Dies scheinen Imatinib und verwandte Tyrosinkinasehemmer zu leisten. Eine Behandlung der Mäuse über 10 Wochen reichte sogar aus, um einen lebenslang anhaltenden Effekt zu erzielen, ohne die Immunabwehr zu stören. Die immunologischen Daten weisen darauf hin, dass Imatinib die beim Typ 1 Diabetes gestörte Immuntoleranz gegenüber Betazellen wiederherstellt.
Es ist nun sicherlich gerechtfertigt, den Einsatz solcher Medikamente beim frisch manifestierten Typ 1 Diabetes des Menschen zu erproben. Dies darf aber nur in streng kontrollierten Studien erfolgen, die derzeit schon geplant werden.
Herr Prof. Dr. med. Werner Scherbaum ist Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, National WHO Collaborating Center for Diabetes, European Training Center in Endocrinology and Metabolism, Universitätsklinikum Düsseldorf sowie Vorsitzender der Kommission Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.