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Gute Nachricht für Menschen mit Typ 2 Diabetes
Die Untersuchungsergebnisse von Højberg und Kollegen sind für die Behandlung des Typ 2 Diabetes von großer Relevanz. Beim Typ 2 Diabetes kommt es über die Jahre hinweg zu einer zunehmenden Schwächung der Insulinsekretion und zu einer Abnahme der Betazellmasse, so dass in der Regel die antidiabetische Therapie zunehmend aufgestockt werden muss. Wenn allerdings der Blutzucker akut entgleist und dann mit oralen Antidiabetika (Tabletten) nicht mehr gut einzustellen ist, so handelt es sich hier meist um ein anderes Phänomen, nämlich um eine Störung der natürlichen Wirkung der Inkretinhormone GLP-1 und GIP. Diese Darmhormone unterdrücken die Ausschüttung von Glukagon, den Gegenspieler von Insulin, und sie führen normalerweise auch zu einer vermehrten Insulinausschüttung nach dem Essen und verhindern damit einen überhöhten Blutzuckeranstieg.
Die gute Nachricht ist, dass offenbar eine 4-wöchige Insulintherapie ausreicht, um die gestörte GLP-1 und GIP- Wirkung auf die Betazelle wieder zu normalisieren. Dies heißt aber auch, dass wir die gängige klinische Praxis überdenken müssen, die Blutzuckertherapie beim Typ 2 Diabetes Schritt für Schritt aufzustocken und dass eine einmal begonnene Insulintherapie weiterhin beibehalten werden muss. Vielmehr sollte häufiger versucht werden, Insulin nur über bestimmte Phasen der Blutzuckerentgleisung hinweg zu geben und dann wieder auf die Tablettentherapie zurückzukommen, sofern damit gute Blutzuckerwerte und HbA1c-Werte erreicht werden.
Viele Patienten befürchten auch, dass eine einmal begonnene Insulintherapie beim Typ 2 Diabetes bedeutet, dass man nie mehr vom Insulin wegkommt („einmal Insulin, immer Insulin“), weil dann die Bauchspeicheldrüse entlastet und damit „faul“ wird. Wie die Daten dieser Studie zeigen, ist gerade das Gegenteil der Fall.
Die Daten der hier besprochenen Studie haben auch Auswirkungen auf die Leitlinien der Blutzucker senkenden Therapie des Typ 2 Diabetes, die nun auch Szenarien einer intermittierenden (zeitweiligen) Insulintherapie abbilden sollten.
Prof. Dr. Scherbaum ist Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, National WHO Collaborating Center for Diabetes, European Training Center in Endocrinology and Metabolism, Universitätsklinikum Düsseldorf und
Vorsitzender der Kommission Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaf.