Einer jeden körperlichen Untersuchung sollte die Erfragung von Lebensalter, Körpergewicht, Körpergröße, Diabetesdauer, eventuell bestehender Folgeerkrankungen frühere und aktuelle Behandlungen, sozialem Umfeld, körperlicher Leistungsfähigkeit, Medikation und aktueller Beschwerden (Anamnese) vorausgehen. Durch eine genaue Erfassung der subjektiven Beschwerden mit Hilfe von Fragebögen (z.B. Stärke und Tageszeitpunkt der Schmerzerlebnisse) kann der Schweregrad der Neuropathie skaliert und objektiviert werden.
Für die Routinediagnostik empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen mit Vorsorgeuntersuchungen (1. Stufe) und Spezialdiagnostik (2. Stufe). Die Vorsorgeuntersuchungen umfassen simple allgemeine und neurologische Untersuchungen, die von jedem Arzt durchgeführt werden können. Sie sind auch als Wiederholungsuntersuchungen zur Verlaufsdiagnostik geeignet. Wichtig ist die ausführliche Begutachtung (Inspektion) der Haut von Armen, Beinen und Rumpf (z.B. Farbe, Druckstellen, Temperatur) und das Fühlen der Fußpulse.
Mit Hilfe der neurologischen Untersuchungen können klinisch manifeste (mit Symptomen) von subklinisch verlaufenden Neuropathien (ohne Symptome, aber mit teilweise oder leicht pathologischen Funktionstests) unterschieden werden. Sensibilitätsprüfungen können mit einfachen Hilfsmitteln, wie Wattestäbchen (stumpfe Berührung), Zahnstocher (spitze Berührung), Eiswürfeln (Kälteempfindung), Warmwasserröhrchen (Wärmeempfindung) und Stimmgabel (Vibrationsempfindung) durchgeführt werden. Die wichtigsten motorischen Funktionen (Muskelspannung, Kraftentfaltung, Muskeldehnungsreflexe) sollten ebenfalls geprüft werden. Sind diese einfachen Untersuchungen gelaufen und haben sich Hinweise für eine Neuropathie ergeben stehen weiterführende Untersuchungen zur Verfügung.
Zur ausführlichen Diagnostik der peripheren sensomotorischen Polyneuropathie kommen Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit zum Einsatz. Prinzip der Untersuchung ist die Reizung des Nerven durch einen elektrischen Reiz und Messung der Antwortzeit. Bei Polyneuropathien ist die Nervenleitgeschwindigkeit verringert. Bei der Elektromyographie (EMG) werden, ähnlich dem Elektrokardiogramm (EKG), über Elektroden elektrische Aktivitäten innerhalb des Muskels abgeleitet und gemessen.
Zum Nachweis einer kardialen autonomen diabetischen Neuropathie dienen verschiedene Untersuchungen mit dem Elektrokardiogramm (EKG) und Blutdruck- und Pulsmessungen beim Aufstehen aus liegender Position (Orthostasereaktion). Standard in der Diagnostik der autonomen diabetischen Neuropathie des Gastro-Intestinal-Traktes sind Ultraschalluntersuchungen und die sog. Funktionsszintigraphien. Es werden Testmahlzeiten mit radioaktiv markierten Bestandteilen (z.B. CO2-Isotope) gegeben und die Abgabe dieser Isotope in der Atemluft gemessen. Zum Ausschluss anderer Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes sollten endoskopische Verfahren (Magen- und Darmspiegelungen) durchgeführt werden.
Bei Verdacht auf eine autonome diabetische Neuropathie des Urogenitaltraktes sollten Untersuchungen des Urins (auf Bakterien, Zellbestandteile und Eiweiße) untersucht und Ultraschalluntersuchungen (Niere) durchgeführt werden. Unter Umständen müssen radiologische Untersuchungen der Nieren und endoskopische Verfahren (Blasenspiegelung) eingesetzt werden. Eine weitere wichtige Untersuchung im Rahmen der diabetischen autonomen Neuropathie ist die Messung des dynamischen Druckverteilungsmusters der Fußsohlen beim Gehen (Pedographie).
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im August 2001 aktualisiert