Integrierte Versorgung des Diabetes mellitus
Warum Integrierte Versorgung ?
Die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist traditionell durch eine strikte Trennung von Krankenhausbehandlung, ambulanter Behandlung und Rehabilitation gekennzeichnet. Jeder Bereich hat ein eigenes Budget und Abrechnungssystem; der Informationsaustausch und die die Kommunikation zwischen diesen Bereichen ist oft unzureichend. Nicht selten müssen Patienten selbst die Koordination ihrer Behandlung in die Hand nehmen und wichtige medizinische Informationen selbst übermitteln. Dies kann Patienten, besonders solche mit chronischen oder schweren Erkrankungen überfordern; außerdem kann es zu langen Wartezeiten, Doppeluntersuchungen und erhöhten Gesundheitsausgaben führen.
Das Ziel der Integrierten Versorgung (IV) ist es deshalb, eine strukturierte Vernetzung von Krankenhausbehandlung und ambulanter Versorgung zu erreichen, was gerade beim Diabetes mellitus von besonderer Bedeutung ist. Damit soll auch die Kommunikation und Kooperation aller am Gesundungsprozess beteiligter Akteure (z. B. Hausärzte, Fachärzte, nichtärztliche Leistungserbringer) verbessert werden. Besser koordinierte Behandlungsprozesse führen letztendlich zu einer besseren Versorgung von Patientinnen und Patienten und unnötige Kosten werden vermieden.
Rechtliche Grundlagen und Finanzierung
Die rechtliche Basis für eine Integrierte Versorgung wurde bereits mit dem Gesundheits-reformgesetz im Jahr 2000 (§§ 140 a ff. SGB V) geschaffen. Diese neue Versorgungsform wurde allerdings erst nach Verabschiedung des Modernisierungsgesetzes der Gesetzlichen Krankenversicherung im Januar 2004 (§§ 140 a-d) auf breiterer Basis in die Gesundheits-versorgung eingeführt. Dabei definiert der Gesetzgeber nur die allgemeinen Rahmenbe-dingungen für Verträge zur Integrierten Versorgung. Die Verantwortung für die Abfassung der Inhalte sowie der vertraglichen Rechte und Pflichten liegt bei den individuellen Vertragspartnern. Bei den Verträgen handelt es sich damit um autonome Vertragsabschlüsse zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ohne direkte Mitwirkung der kassenärztlichen Vereinigungen.
Eine Teilnahme an Programmen zur Integrierten Versorgung ist sowohl für die Fachleute als auch für die Patienten grundsätzlich freiwillig. Eine obligatorische Qualitätsprüfung mittels definierter Qualitätskriterien gibt es bisher nicht.
Die Integrierte Versorgung etabliert sich derzeit als ein neues Versorgungsmodell im Gesundheitswesen und das Interesse an Verträgen zur Integrierten Versorgung bei Krankenkassen und Krankenhäusern nimmt kontinuierlich zu (siehe Tab. 1 und Abb. 1). Ein wesentlicher Grund dafür ist die gesetzlich verankerte Anschubfinanzierung (§ 140d) bis zu einem Prozent der Gesamtvergütung ambulanter und stationärer Leistungen (jährlich max. € 680 Mio.), die bis zum Ende des Jahres 2006 garantiert ist. Nach Angaben des Bundes-ministeriums für Gesundheit ist eine Verlängerung der Anschubfinanzierung bis zur Einführung eines neuen Vergütungssystems im ambulanten Bereich vorgesehen.
Daten zur Integrierten Versorgung
Insgesamt sind in Deutschland derzeit (Stichtag 30.06.2006) 2.469 Verträge zur Integrierten Versorgung bei der zentralen Erfassungsstelle, der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS) gemeldet. Die Anzahl gemeldeter Verträge je einer Million gesetzlich Versicherter wird in Tab. 2 und Abb. 2 dargestellt und ermöglicht einen Vergleich zwischen den Einzelnen Bundesländern bzw. KV-Bereichen.
Zahlen und Daten zu Verträgen, die sich speziell mit der Behandlung des Diabetes und seiner Komplikationen befassen, z.B. diabetische Fußnetze, werden von der BQS nicht öffentlich zugänglich gemacht.
Quellen: Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS); Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Abb. 2
Tab. 2
Abb. 2 und Tab. 2: Anzahl hemeldeter Verträge zu Integrierten Versorgung nach Bundesland/KV-Bereich (Stand: 30.06.2006)
Quellen:
* Bundesministerium für Gesundheit BMG: GKV-Versicherte per 1. Juli 2005
**Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung (BQS): Verträge zur Integrierten Versorgung
Dr. med. Heinz Nagel, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Zentrum DDZ Düsseldorf |