Gestörte Immunantwort gegen Coxsackie-Virus B4 bei Kindern mit Typ 1 Diabetes
(26.07.2006) Die Zerstörung der Insulin produzierenden Betazellen ist die Ursache für einen Typ 1 Diabetes. Es wird angenommen, dass bestimmte Immunzellen, die T-Zellen, auf Substanzen des eigenen Körpers reagieren und Strukturen der Beta-Zellen angreifen. Sowohl die genetische Veranlagung als auch der Einfluss von Umweltfaktoren tragen zu dem Risiko an Typ 1 Diabetes zu erkranken bei. Bei einem Coxsackie-B-Virus handelt es sich um einen Enterovirus, der sich im Magen-Darm-Trakt vermehrt. Unter den Umweltfaktoren stellt er einen Kandidaten dar, der die Autoimmunität gegen Betazellen und einen Typ 1 Diabetes vermitteln könnte.
Immunzellbedingt zerstörte Insel in der Bauchspeicheldrüse einer Maus Foto: DDZ
In der amerikanischen Fachzeitschrift Diabetes wird nun von einer schwedisch-finnischen Studie berichtet, die zeigt, dass Kinder mit einem Typ 1 Diabetes im Vergleich zu gesunden Kindern eine gestörte Immunantwort gegen das Coxsackie-Virus der Gruppe B haben.
In einer Reihe von Studien wurde bereits bei Personen im Vorstadium des Diabetes eine erhöhte Anzahl an Infektionen mit sogenannten Enteroviren festgestellt. Ferner zeigen einige neuere Studien bei Patienten mit Typ 1 Diabetes im Blutserum Beweise für eine kürzlich erfolgte enterovirale Infektion. Trotz der bisher erhobenen Befunde sind weitere Studien vonnöten, um einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Coxsackie-B-Virus Infektion und der Entwicklung eines Typ 1 Diabetes zu beweisen. Einen Schritt in diese Richtung ging nun das schwedisch-finnische Forschungsteam um Susanne Svarvik von der Lingköping Universität. Hierbei gingen die Forscher der Frage nach, ob sich die Immunantwort gegen das Coxsackie B Virus bei Kindern mit Typ 1 Diabetes im Vergleich zu gesunden Kindern unterscheidet. Hierzu wurden Blutzellen des peripheren Blutes isoliert und mit inaktiviertem Coxsackie B Virus stimuliert. Die anschließenden Untersuchungen konzentrierten sich auf Komponenten, die charakteristischerweise von den so genannten Th1-Zellen gebildet werden:
- die Bildung des Transkriptionsfaktors (Tbet),
- die Bildung von Rezeptoren für die Botenstoffe der Zytokine
(IL-18R, IL-12Rß2-Kette) und der Chemokine (CCR2, CXCR6) auf T-Zellen und
- die Freisetzung des Botenstoffes Interferon-gamma.
Hierbei muss betont werden, dass für eine wirksame Beseitinung eines Virus die Anregung einer Th1-Zell Immunantwort sowie zytotoxische T-Zellen eine große Rolle spielen. Interaktionen zwischen Chemokinen und ihren Rezeptoren führen dann dazu, dass zytotoxischen T-Zellen zu den Entzündungsstellen und wandern und das Virus effizient entfernen.
Skarsvik und Kollegen stellten fest, dass im Vergleich zu gesunden Kontrollkindern bei Kindern mit Typ 1 Diabetes ein geringerer Prozentsatz an T-Zellen die Th1-typischen Merkmale CCR2, CXCR6, IL-18R und IL-12Rß2-Kette nach der Stimulation mit dem Coxsackie-B-Virus ausgebildet haben. Weiterhin zeigten die Blutzellen von Diabetes erkrankten Kinder eine verringerte Interferon-gamma Freisetzung sowie eine geringere Bildung des Transkriptionsfaktors Tbet, nachdem sie mit dem Coxsackievirus der Gruppe B konfrontiert worden waren.
Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass bei Kindern mit Typ 1 Diabetes die Bildung einer Typ 1 Immunantwort gegen das Coxsackie-B-Virus im Vergleich zu gesunden Kindern gestört ist. Möglicherweise ist dies der Grund für ein verzögertes Entfernen des „ungewollten Virus-Eindringlings“. Zumindest lässt sich hierdurch teils auch die erhöhte Anfälligkeit bei Kindern mit Typ 1 Diabetes gegenüber Infektionen mit einem Coxsackie-B-Virus und den damit verbundenen Komplikationen, wie zum Beispiel die Zerstörung der Betazellen, erklären.
Dr. Patricia Schott-Ohly, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Skarsvik S, Puranen J, Honkanen J et al. Decreased in vitro type 1 immune response against coxsackie virus B4 in children with type 1 diabetes. Diabetes 55: 996-1003, 2006 |