Neue Erkenntnisse über die Regulation der Insulinsekretion
(21.01.2008) Wissenschaftler von der Washington University in St. Louis haben eine interessante Entdeckung gemacht: Das Fettgewebe hat offenbar einen wichtigen Einfluss auf die Insulinausschüttung in der Bauchspeicheldrüse. Im Tierversuch geben Fettzellen einen Eiweißstoff ab, mit dessen Hilfe in der Blutbahn eine Substanz gebildet wird, die auch die Bauchspeicheldrüse erreicht und hier die Insulinsekretion nach dem Essen ankurbelt.
Das Fettgewebe hat einen Einfluss auf die Insulinausschüttung Foto: DDZ
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit steht das Protein Nampt (nicotinamide phosphoribosyltransferase), das in den meisten Zellen des Körpers vorkommt. In der Bauchspeicheldrüse findet sich Nampt ebenfalls, allerdings nur in sehr geringen Mengen. Eine ganz besondere Rolle nimmt das Fettgewebe ein: Im Gegensatz zu allen anderen Zellen ist Fett das einzige Gewebe, das Nampt auch in den Blutkreislauf abgibt. In der Blutbahn wird mit Hilfe von Nampt die Substanz NMN (nicotinamide mononucleotide) gebildet. Über den Blutfluss gelangt NMN zur Bauchspeicheldrüse und kurbelt hier die Insulinsekretion nach Nahrungsaufnahme an. Somit steht das Fettgewebe offenbar enger als bisher vermutet in Beziehung zur Insulinsekretion und dem Insulinangebot im Blut.
Auf das Protein Nampt ist man im Fettgewebe erst vor einigen Jahren gestoßen: Damals erregte das Protein noch unter dem Namen „Visfatin“ Aufsehen in der Wissenschaftswelt. Ursprünglich hatte man angenommen, dass dieses Protein dem Hormon Insulin selber sehr ähnlich ist und daher bestimmte Insulinwirkungen nachahmen kann. Später wurde diese Annahme jedoch korrigiert: „Visfatin“ ist Nampt – d. h. ein Protein, das der Insulinstruktur zwar nicht ähnelt, aber über die Bildung von NMN im Blut eine Rolle bei der Insulinherstellung und Insulinabgabe aus der Bauchspeicheldrüse spielt.
Dass die Substanz NMN auch im Blutkreislauf zirkuliert, war bisher unbekannt. Shin-ichiro Imai und seine Kollegen von der Washington University in St. Louis haben in ihren Versuchen mit Mäusen nachgewiesen, dass die NMN-Konzentration im Blut tatsächlich ausreicht, um die Insulinsekretion in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse zu erhöhen. Genetisch veränderte Mäuse, bei denen statt zwei nur noch eine Kopie des Nampt-Gens vorhanden war, zeigten bereits Einschränkungen bei der Verstoffwechselung von Glukose und Defekte bei der Insulinausschüttung. Wurde den Tieren die Substanz NMN verabreicht, normalisierte sich die Insulinsekretion wieder.
Die Befunde der Wissenschaftler um Imai sind eine wichtige neue Entdeckung, die wesentlich dazu beiträgt, die Regulationsmechanismen bei der Insulinsekretion noch besser zu verstehen. Ob sich hieraus in der Zukunft neue Ansätze für die Diabetesbehandlung ableiten lassen, müssen weitere Forschungsarbeiten zeigen. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler untersuchen, wie viel Nampt bzw. NMN das Blut von Gesunden, Übergewichtigen und Diabetikern enthält. Auf die Ergebnisse darf man bereits jetzt gespannt sein.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Revollo JR, Körner A, Mills KF et al. Nampt/PBEF/visfatin regulates insulin secretion in beta cells as a systemic NAD biosynthetic enzyme. Cell Metabolism 2007; 6: 363-75 |