Bewegungsmangel bei Jugendlichen ist Hauptgrund für Übergewicht
(23.09.2005) Untersuchungen aus den USA haben in der Vergangenheit gezeigt, dass die körperliche Aktivität im Alltag bei heranwachsenden Mädchen nach dem Einsetzen der Pubertät deutlich rückläufig ist. Die renommierte Fachzeitschrift The Lancet hat vor kurzem die Ergebnisse einer 10-jährigen Beobachtungsstudie veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen dem Grad an körperlicher Bewegung und der Gewichtsentwicklung bei Mädchen in der Adoleszenzzeit (hier definiert als Phase zwischen dem 9. und 19. Lebensjahr) geprüft hat.
Regelmäßige körperliche Bewegung ist besonders im Schulalter wichtig Foto: AOK-Bundesverband
Die US-amerikanische Studie wurde zwischen 1987 und 1998 in San Francisco, Cincinatti und Washington D.C. durchgeführt. Es nahmen 1.166 Mädchen europäischer Herkunft teil. Die Jugendlichen unterzogen sich ab dem 9. Lebensjahr einmal jährlich einer Untersuchung. Dabei wurden das Gewicht, die Körperlänge und das Gesamtkörperfett dokumentiert. Aus den Angaben zu Gewicht und Körperlänge konnte der Körpermassenindex BMI (Body Mass Index) errechnet werden. Informationen zum Bewegungsverhalten und zur Ernährung erhielten die Wissenschaftler aus entsprechenden Fragebögen und Ernährungstagebüchern.
Von allen Mädchen, die sich bis zu ihrem 9. Lebensjahr in ihrem Alltag relativ viel bewegt hatten, behielten nur 32 Prozent dieses Verhalten während der Adoleszenzzeit bei. Verlief der Alltag bereits vor dem 9. Lebensjahr bewegungsarm und änderte sich hieran auch im weiteren Verlauf nichts, nahmen die Mädchen zwischen dem 9. und 19. Lebensjahr deutlich an Gewicht zu: Der BMI stieg bei den Betroffenen um durchschnittlich 20 Prozent und das Gesamtkörperfett sogar um 20-40 Prozent an.
Im Durchschnitt nahmen alle Mädchen, die in der Phase zwischen Pubertät und Erwachsenenalter körperlich wenig aktiv waren, um durchschnittlich 4,5 bis 7 Kilogramm mehr an Gewicht zu als ihre bewegungsfreudigeren Altersgenossinnen. Die Überraschung: Die Ernährung spielte bei den Gewichtsunterschieden nur eine untergeordnete Rolle. In der Phase zwischen dem 9. und 19. Lebensjahr wird die Gewichtsentwicklung entscheidend vom Ausmaß der körperlichen Aktivität beeinflusst. Ähnliche Daten liefern auch andere Untersuchungen aus der Vergangenheit. Für alle weiblichen Jugendlichen (und natürlich auch für die Eltern) lässt sich diese wichtige Information folgendermaßen auf den Punkt bringen: Die wirkungsvollste Maßnahme, um eine übermäßige Gewichtszunahme zwischen Pubertät und Erwachsenenalter zu vermeiden, ist regelmäßige und ausreichende körperliche Bewegung. Inwieweit sich diese Ergebnisse auch auf die Gruppe der Jungen übertragen lassen, muss in weiteren Untersuchungen geprüft werden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Kimm S YS, Glynn NW, Obarzanek E et al. Relation between the changes in physical activity and body-mass index during adolescence: a multicentre longitudinal study. The Lancet 2005; 366: 301-307 |