Typ 2 Diabetes: Telomerverkürzung begünstigt Arteriosklerose
(03.04.2006) Telomere sind aus der Anti-Aging-Forschung bestens bekannt. Es handelt sich dabei um Endstücke (griech. telos = Ende) von Chromosomen – den Trägern der genetischen Erbinformation. Im Laufe eines Lebens verkürzen sich die Telomere, denn bei jeder Zellteilung geht ein kleines Stück verloren. Das ist anfangs nicht weiter schlimm, da das Telomer keine Erbinformationen enthält. Erreichen die Telomere jedoch eine kritische Länge, ist keine Erneuerung des Gewebes durch Zellteilung mehr möglich: Die stufenweise Verkürzung der Telomere in den Körperzellen spiegelt den biologischen Alterungsprozess wider.
Ablagerung aus Cholesterin und Zellbestandteilen in der Gefäßwand (Plaque). Sie wölbt sich in das Gefäßinnere vor und engt es ein Foto: DAK
Wissenschaftler aus Großbritannien um Mike J. Sampson vom Norwich University Hospital haben die Länge von Telomeren bei Patienten mit Typ 2 Diabetes untersucht. Gegenstand der Forschung war im speziellen die Telomerlänge von Monozyten, die unter anderem wesentlich am Prozess der gefürchteten Gefäßverkalkung (= Arteriosklerose) mitwirken.
Monozyten sind Zellen des Immunsystems und Bestandteil der sogenannten weißen Blutkörperchen. Bei Verletzungen wandern sie aus der Blutbahn in das betroffene Gewebe ein, wo sie dann als Makrophagen (Fresszellen) Gewebetrümmer und „Eindringlinge“ beseitigen sollen. Monozyten können aber auch an gesundheitsschädigenden Prozessen im Körper beteiligt sein – dies ist zum Beispiel bei der gefürchteten Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) der Fall. Bei kleinsten Verletzungen der Gefäßinnenwand (zum Beispiel durch einen hohen Blutdruck) lagern sich Monozyten an und gelangen von dort in die Gefäßwand. Hier wandeln sie sich in Fresszellen um und halten gemeinsam mit dem gefäßschädigenden LDL-Cholesterin einen Entzündungsprozess in Gang. Im Verlauf dieser schwelenden Gefäßwand-Entzündung kommt es zu immer weiteren Ablagerungen, Verhärtungen und schließlich zur Bildung gefährlicher Plaques. Löst sich irgendwann ein solcher Plaque, kann er ein nachgeschaltetes kleineres Gefäß verstopfen: Die Folge ist ein Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Gealterte Monozyten – das heißt Monozyten mit kürzeren Telomeren – dringen leichter in die Gefäßwand ein, wo sie dann den Arterioskleroseprozess unterhalten. Beim Vergleich der Monozyten-Telomerlänge von Personen mit (21 Probanden) und ohne Typ 2 Diabetes (29 Probanden) fanden die britischen Wissenschaftler heraus, dass die Telomere bei Vorliegen einer Typ 2 Diabeteserkrankung im Durchschnitt deutlich kürzer waren. Nach Ansicht von Sampson und seinen Kollegen könnten die unterschiedlichen Telomerlängen ein Grund dafür sein, warum Typ 2 Diabetiker oft bereits sehr frühzeitig eine ausgeprägte Arteriosklerose entwickeln und schließlich einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Sampson MJ, Winterbone MS, Hughes JC et al. Monocyte Telomere Shortening and Oxidative DNA Damage in Type 2 Diabetes. Diabetes Care 2006; 29: 283-289 |