Bei unter 50-Jährigen schreitet der Typ 2 Diabetes schneller voran
(23.10.2006) Personen, bei denen ein Typ 2 Diabetes festgestellt wird und die bei der Diagnose jünger als 50 Jahre alt sind, bekommen ihren Zuckerstoffwechsel auf Dauer häufig nur schwer in den Griff. Der Blutzucker steigt trotz medikamentöser Behandlung viel schneller wieder an als bei ihren „älteren“ Leidensgenossen und viele jüngere Typ 2 Diabetiker spritzen bereits nach wenigen Jahren Krankheitsdauer Insulin. Diese Ergebnisse stellten Wissenschaftler von der Lund Universität in Malmö, Schweden, auf der 42. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) vor. Die diesjährige EASD-Tagung fand vom 14. bis 17. September in Kopenhagen statt.
Insulinspritze: Bei einigen Dia- betikern reicht eine Injektion am Tag, andere spritzen sieben bis acht Mal täglich Foto: AOK
Häufig wird bei Typ 2 Diabetes die Beobachtung gemacht, dass sich die Blutzuckereinstellung mit zunehmender Diabetesdauer immer weiter verschlechtert – trotz intensiver Behandlungsmaßnahmen. Um herauszufinden, ob es neben der Vererbung weitere Faktoren gibt, die den kontinuierlichen Anstieg der Blutzuckerwerte beeinflussen, verfolgten Targ Elgzyri und seine Kollegen von der Lund Universität die Krankengeschichte von 1.209 Typ 2 Diabetespatienten. Bei allen Personen war die Diabeteserkrankung zu Beginn der Studie neu festgestellt worden.
Die Wissenschaftler beobachteten die Patienten über einen Zeitraum von 7 Jahren. Im ersten Jahr nach der Diabetesdiagnose verbesserte sich der HbA1c-Wert („Blutzuckergedächtnis“) im Rahmen der Behandlungsmaßnahmen um durchschnittlich 1,3 % (von 7,5 % auf 6,3 %; p = 0,0001). Bereits in den darauffolgenden sechs Monaten stieg der Langzeitblutzuckerwert HbA1c allerdings wieder an: von im Mittel 6,3 % auf 7,0 %. Fast die Hälfte der Patienten war zum Ende der 7-jährigen Beobachtungsdauer auf eine Insulintherapie eingestellt. Die mittlere Dauer bis zum Beginn einer Insulinbehandlung betrug 2,5 Jahre.
Bei einer Analyse der Ergebnisse nach Altersgruppen wurde bei den Personen, die bei der Diabetesdiagnose jünger als 50 Jahre alt waren, ein besonders schneller Wiederanstieg der Blutzuckerwerte festgestellt. Auch die Zeit bis zum Beginn einer Insulintherapie war hier auffällig kürzer. Die weiteren Untersuchungen zeigten, dass für den kontinuierlichen Anstieg der Blutzuckerwerte vor allem eine zunehmende Verschlechterung der Betazellfunktion verantwortlich war. Die Betazellen stellen das Hormon Insulin her und geben es in den Körperkreislauf ab. Insulinresistenz, Übergewicht, Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit spielten für das rasche Voranschreiten der Typ 2 Diabeteserkrankung in dieser jungen Altersgruppe eine untergeordnete Rolle. In einer weiteren Studie wollen Targ Elgzyri und sein Team nun untersuchen, ob Vererbungsfaktoren den beobachteten Zusammenhang zwischen einem jüngeren Alter bei Diabetesdiagnose und der raschen Verschlechterung der Stoffwechselkontrolle möglicherweise verändern können.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Elgzyri T, Almgren P, Eliasson M et al. Progression and mortality in type 2 diabetes - The age at diagnosis predicts change in HbA1c over time in patients with newly diagnosed type 2 diabetes. Abstract 73; 42. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 14. bis 17. September, Kopenhagen/Malmö |