Benfotiamin schützt vor schädlichen AGEs
(03.11.2006) Gelbbraune Produkte aus Aminosäuren und Zuckern – das sind die "advanced glycation end products" (AGEs), die beim Kochen, Backen, Braten und Grillen entstehen. AGEs werden mit der Nahrung aufgenommen, lagern sich im Körper ab und können hier in größerer Menge Schaden anrichten – vor allem bei Diabetikern. Wissenschaftler um Alin Stirban vom Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen haben in einer kleinen Studie zeigen können, dass das Medikament Benfotiamin die negativen Folgen einer AGE-reichen Mahlzeit möglicherweise verhindert.
Foto: DAK/Schläger
Advanced Glycation Endproducts (AGEs oder übersetzt: fortgeschrittene Glykierungs-Endprodukte) sind das Ergebnis einer nicht-enzymatischen Reaktion von Zuckern mit Eiweißen. Die „verzuckerten Proteine“ werden nicht nur mit der Nahrung aufgenommen, sondern können auch im Körper selbst gebildet werden. Letzteres findet verstärkt beim Diabetiker mit hohen Blutglukosewerten statt. Das Problem: AGEs sind wesentlich an der Ausbildung von Diabetes-Folgeerkrankungen an Nieren, Augen und Nerven beteiligt. Auch das Herz-Kreislaufrisiko wird durch die verzuckerten Proteine beeinflusst. Diese lagern sich an Zellen der Gefäßwand an, wo sie entzündliche Prozesse fördern und so eine Arteriosklerose begünstigen. AGEs aus der Nahrung sind eine zusätzliche Belastung für Menschen mit Diabetes.
Das Forscherteam um Alin Stirban hat bei 13 Typ 2 Diabetikern untersucht, wie sich eine AGE-reiche Mahlzeit auf den Blutfluss und die Funktion der Gefäßwand auswirkt. Die Innenwand der Blutgefäße, das Gefäßendothel, ist unter anderem wesentlich an der Regulation der Gefäßweite, der Eigenschaften der Gefäßwand und der Gefäßdurchlässigkeit beteiligt.
Durch den Verzehr einer AGE-reichen Mahlzeit (15.100 AGE kU, 580 kcal, 54 g Proteine, 17 g Lipide, 48 g Kohlenhydrate) wurden die Funktion der Gefäßinnenwand und der Blutfluss über mehrere Stunden erheblich behindert. In einem zweiten Schritt erhielten die Versuchspersonen die AGE-reiche Testmahlzeit, nachdem sie drei Tage lang mit Benfotiamin (1.050 mg/Tag) behandelt worden waren. Das Medikament Benfotiamin ist eine fettlösliche Vorstufe des Vitamin B1. Es wird in der Praxis zur Behandlung schmerzhafter Nervenschäden bei der diabetischen Neuropathie eingesetzt, wobei der Wirkmechanismus bisher unklar ist.
Interessanterweise blieben die negativen Auswirkungen der AGE-reichen Mahlzeit auf den Blutfluss und die Gefäßfunktion nach der Vorbehandlung mit Benfotiamin vollständig aus. Auch die Werte für oxidativen Stress und für Marker der gestörten Endothelfunktion wie E-Selektin, ICAM-1 und VCAM-1 waren nach der Benfotiamin-Einnahme deutlich niedriger.
Die Vitamin B1-Vorstufe Benfotiamin wirkt Störungen der Gefäßfunktion entgegen, die beim Diabetiker durch AGE-reiche Mahlzeiten ausgelöst werden. Weitere größere Studien müssen nun klären, inwieweit sich die positiven Ergebnisse für Benfotiamin auch in der Langzeitanwendung bestätigen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Stirban A, Negrean M, Stratmann B et al. Benfotiamine prevents macro- and microvascular endothelial dysfunction and oxidative stress following a meal rich in advanced glycation end products in individuals with type 2 diabetes. Diabetes Care 2006; 29: 2064-2071 |