1. Vorgehensweise bei der intensivierten Insulintherapie
Die intensivierte Insulintherapie, bei der nach dem Basis-Bolus-Konzept vorgegangen wird, deckt den Nüchternbedarf an Insulin durch die 1-3 mal tägliche Gabe eines Verzögerungsinsulins und den mahlzeitenbezogenen Bedarf durch die Gabe eines schnellwirksamen Insulins ab. Durch die Blutzuckerselbstmessung und mögliche Trennung der jeweiligen Injektionen kann der Patient Dosis und Zeitpunkt auch der mahlzeitenbezogenen Injektionen selbst anpassen.
Für die Durchführung der intensivierten Insulintherapie können zwei unterschiedliche Methoden genutzt werden:
a. Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
Die Injektion eines Normalinsulins erfolgt vor jeder Mahlzeit. Das Verzögerungs- oder Intermediärinsulin wird 1-3 mal täglich, immer abends (zwischen 22 und 24 Uhr) sowie meist auch morgens und gelegentlich Mittags injiziert.
Zur Deckung des Basisbedarfs wird etwa die Hälfte des täglichen Insulinbedarfs als Verzögerungsinsulin verabreicht. Wird das Verzögerungsinsulin erst kurz vor dem Zubettgehen injiziert, sollte die Morgendosis zur Deckung des Basisbedarfs nur etwa 70% der Abenddosis betragen. Die abendliche Dosis wird insbesondere an der Zielgröße Nüchternblutzucker ausgerichtet.
Die Dosis des Normalinsulins vor den Mahlzeiten wird nach dem Kohlenhydratgehalt der jeweiligen Mahlzeit, dem zuvor gemessenen Blutzuckerwert, der geplanten körperlichen Belastung und der Tageszeit ausgerichtet. Auch hier richtet sich der Spritz-Ess-Abstand (0-60 min) nach dem jeweils zuvor ermittelten Blutzuckerwert. Bei einem tiefen Blutzuckerwert wird die Mahlzeit sofort eingenommen, bei einem normalen oder deutlich erhöhten Blutzuckerwert wird der Abstand zwischen Spritzen und Essen von 20 bis 60 Minuten eingehalten.
Da die Insulinempfindlichkeit von Natur aus abhängig von der Tageszeit schwankt, gilt als Richtwert ein Insulinbedarf von morgens ca. 1,5-2,5 IE, mittags 1,0 IE und abends 1,0-1,5 IE Insulin pro Broteinheit.
b. Behandlung mit einer Insulinpumpe (siehe dort)
Die Behandlung mit der Insulinpumpe wird ausschließlich mit Normalinsulin oder schnellwirksamen Insulinanaloga durchgeführt. Das Insulin wird kontinuierlich subkutan (unter die Haut) oder seltener intraperitoneal (innerhalb des Bauchfells in die Bauchhöhle) zugeführt. Zusätzlich zur programmierten Basalrate kann der Patient die mahlzeitenabhängige Insulindosis abrufen.
2. Einsatzmöglichkeiten der intensivierten konventionellen Insulintherapie
Die intensivierte konventionelle Insulintherapie wird von Diabetikern genutzt, die insulinpflichtig sind und bereit und in der Lage sind, mindestens 3-4 mal täglich Insulin zu injizieren. Außerdem muss die mehrmals tägliche Blutzuckerselbstkontrolle und die Fähigkeit zur bedarfsgerechten Anpassung der jeweiligen Insulindosis gewährleistet sein.
Diese Behandlungsform eignet sich also für die meisten insulinpflichtigen Diabetiker, insbesondere für Menschen, die einen flexiblen Tagesablauf haben. Grundsätzlich sollte bei dieser Behandlungsform eine intensive Diabetesschulung und die Betreuung des Patienten durch diabeteserfahrene Ärzte unter Einbindung eines spezialisierten Diabetologen erfolgen.
3. Vor- und Nachteile der intensivierten konventionellen Insulintherapie
Vorteile:
Der Patient kann die Injektionen des Insulin nach seinen Mahlzeiten und deren Zeitpunkt ausrichten und nicht umgekehrt, so dass der Tagesrhythmus auch mit körperlicher Aktivität flexibel gestaltet werden kann. Mit dieser Behandlungsform werden meist bessere Stoffwechseleinstellungen erreicht, da der natürliche Tagesrhythmus der Insulinausschüttung besser nachgeahmt wird.
Nachteile:
Täglich sind mehrmalige Insulininjektionen sowie Blutzuckerkontrollen notwendig. Der Patient muss vor jeder Mahlzeit die Insulindosis anpassen, sich also mehrmals täglich mit der Behandlung beschäftigen und kann sich nicht wie bei der konventionellen Behandlung an ein starres Schema halten. Die Pumpenbehandlung ist sehr viel teurer als die ICT; sie ist speziellen Indikationen vorbehalten und kommt nur bei einem Versagen der ICT in Betracht. Nur sehr gut geschulte und motivierte Typ 1 Diabetiker können für diese Behandlung in Betracht gezogen werden.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum , Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im Juni 2003 aktualisiert