1. Vorgehensweise bei der konventionellen Insulintherapie
Die konventionelle Insulintherapie erfolgt mit der Gabe von Intermediärinsulin oder von Mischungen aus Intermediärinsulin mit Normalinsulin. Die einmalige Insulininjektion als die Therapievariante mit dem geringsten Aufwand ist in vielen Fällen von Typ 2 Diabetes in Kombination mit oralen Antidiabetika geeignet, eine gute Blutzuckereinstellung zu erreichen. Bei einem kompletten Sekundärversagen auf orale Antidiabetika muss jedoch beim Typ 2 Diabetes meist auf eine zweimal tägliche Insulininjektion umgestellt werden. Dabei werden 2/3 des Tagesbedarfs an Insulin (ca. 0,6 Einheiten Insulin/kg Körpergewicht) vor dem Frühstück und der Rest vor dem Abendessen injiziert. Die jeweilige Dosis wird meist zu 1/3 als Normalinsulin und zu 2/3 als Intermediärinsulin aufgeteilt.
Dies kann jeweils in Form einer einzigen Spritze mit der jeweiligen Mischung von schnell und intermediär wirksamem Insulin (Mischinsulin) verabreicht werden. Die Injektion vor dem Frühstück soll hierbei mit dem Intermediärinsulin das Mittagessen sowie den Basisbedarf bis zum Abend abdecken, die Injektion vor dem Abendessen soll das Abendessen und den Basisbedarf bis zum nächsten Morgen abdecken.
Bei einem zuvor gemessenen Blutzuckerwert von 120-140 mg/dl sollte der Spritz-Ess-Abstand 20-30 min betragen, bei einem niedrigeren Ausgangswert des Blutzuckers wird der Abstand zwischen Spritzen und Essen verkürzt, d.h. das Essen rascher nach dem Spritzen eingenommen; bei einem höheren Blutzuckerwert wird er bis zu 45 bis 60 Minuten verlängert..
Bessere Blutzuckereinstellungen erreicht man häufig mit 3 mal täglichen Insulininjektionen, wobei morgens und abends Mischinsulin und mittags zum Abfangen evt. nach dem Essen auftretenden Blutzuckerspitzen Normalinsulin injiziert wird.
Eine konventionelle Insulintherapie ist beimTyp 1 Diabetes nur in Ausnahmefällen indiziert, wenn nämlich aus verschiedenen Gründen eine intensivierte Insulintherapie nicht in Betracht kommt.
2. Einsatzmöglichkeiten der konventionellen Insulintherapie
Die konventionelle Insulintherapie eignet sich für Typ 2 Diabetiker mit einem Sekundärversagen auf orale Antidiabetika. Für Typ 1 Diabetiker wird diese Therapie nur angewendet, wenn ein Betroffener nicht bereit ist, die Blutzuckerselbstanpassung vorzunehmen indem er mehrmals täglich den Blutzucker testet und die entsprechende Insulinmenge spritzt. Dann müssen die Betroffenen aber bereit sein, Ihre Ernährung täglich an einem starren auch zeitlich nicht flexiblen Schema auszurichten. Ebenso sollte täglich ein gleichmäßiger Tagesrhythmus beibehalten werden; hierbei ist insbesondere auch die körperliche Bewegung einzuplanen. Bei Menschen im hohen Lebensalter oder bei geistig eingeschränkten Personen mit begrenzter Betreuung kann jedoch auch beim Typ 1 Diabetes eine konventionelle Insulintherapie die Behandlungsmethode der ersten Wahl darstellen.
3. Vor- und Nachteile der konventionellen Insulintherapie beim Typ 2 Diabetes
Vorteile: Der Patient kann die Behandlung mit nur geringem Aufwand, d.h. mit nur 1-3 täglichen Insulinspritzen durchführen. Außerdem ist häufig nicht bei jeder Mahlzeit eine Blutzuckermessung notwendig. Dies betrifft insbesondere die alleinige Gabe von Verzögerungsinsulin zur Nacht.
Nachteile bei 2-3 mal täglicher Insulingabe: Die Ernährung muss nach dem schon injizierten Insulin ausgerichtet werden, d.h., der Patient muss sich an ein starres Mahlzeitenschema halten. Weil zwischen den Hauptmahlzeiten der Insulinspiegel unphysiologisch hoch ist, muss der Patient mehrere Zwischenmahlzeiten zu sich nehmen, um das Auftreten von Hypoglykämien zu vermeiden. So sind insgesamt über den Tag verteilt 5-6 Mahlzeiten notwendig. Ebenso sind körperliche Bewegung und andere Aktivitäten, die sich auf den Blutzuckerspiegel auswirken, im Voraus einzuplanen.
Bei alleiniger Gabe von Verzögerungsinsulin kommt es nicht selten zu stärkeren und länger anhaltenden Blutzuckeranstiegen nach den Mahlzeiten, so dass mit der alleinigen Gabe von Verzögerungsinsulin keine befriedigenden Blutzuckereinstellungen zu erreichen sind.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im Juni 2003 aktualisiert