Kurzwirksame Insulinanaloga bei Typ 2 Diabetes als unwirtschaftlich bewertet
(02.08.2006) Patienten mit Typ 2 Diabetes, die gegenwärtig auf kurzwirksame Insulin-Analoga eingestellt werden, müssen wahrscheinlich zukünftig stattdessen mit Humaninsulin behandelt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. Juli entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für kurzwirksame Insulinanaloga bei Typ 2 Diabetes nur noch in Ausnahmefällen übernehmen sollen. Der Beschluss liegt nun dem Bundesgesundheitsministerium vor. Kommt man dort nicht binnen zwei Monaten zu einer Beanstandung, kann die Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und in Kraft treten. Insulinpatronen zur Diabetesbehandlung Foto: DDZ
Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet darüber, ob und in welchem Umfang medizinische Leistungen von den Gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Der G-BA folgt mit dem Beschluss zu den Insulinanaloga einem von Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) erstellten Gutachten. Hierin war man im Februar dieses Jahres zu dem Schluss gekommen, dass die kurzwirksamen Analog-Insuline bei Menschen mit Typ 2 Diabetes verglichen mit Humaninsulin keinen nachgewiesenen therapeutischen Zusatznutzen bringen. Die Behandlungskosten mit Insulinanaloga liegen etwa 30 Prozent über denen von Humaninsulin. Deshalb kam der G-BA zu dem Schluss: „Die Behandlung von Patienten mit Diabetes Typ 2 kann mit Humaninsulin ebenso zweckmäßig erfolgen wie mit einem kurzwirksamen Insulinanalogon.“
Laut Schätzungen sind davon rund 200.000 Menschen mit Typ 2 Diabetes hierzulande betroffen. Humaninsuline sind synthetisch hergestellte Modifikationen des körpereigenen menschlichen Insulins. Die Analog-Insuline unterscheiden sich von der natürlichen Eiweißstruktur des Humaninsulins durch eine gentechnologisch abgewandelte Aminosäurenkette. Diese führt zu einem veränderten Wirkprofil. Es gibt kurz- und langwirksame Analog-Insuline. Der Beschluss des G-BA bezieht sich auf die kurzwirksamen Analoga, deren Wirkung rascher einsetzt und kürzer andauert als beim Humaninsulin.
Ausnahmsweise und begründet sollen Kassenärzte laut G-BA, kurzwirksame Insulinanaloga bei Typ 2 Diabetes weiterhin verordnen können,
- wenn ein Patient allergisch auf Humaninsulin reagiert,
- wenn bei Patienten trotz Intensivierung der Therapie eine stabile adäquate Stoffwechsellage mit Humaninsulin nicht erreichbar ist, dies aber mit Insulinanaloga nachweislich gelingt oder
- wenn für Patienten die Therapie aufgrund unverhältnismäßig hoher Dosen an Humaninsulin mit kurzwirksamen Insulinanaloga wirtschaftlicher ist.
Für Klinikärzte ist die Entscheidung des G-BA nicht direkt bindend, aber freilich bei der Verordnung auch eine Frage der ambulanten Weiterbehandlung. Von Seiten der Patientenverbände und Arzneimittelhersteller wird die Entscheidung des G-BA heftig kritisiert.
Kirsten Lindloff, Deutsche Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
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