Inselzelltransplantation zeigt nur begrenzte Erfolge
(25.10.2006) Die Methode der Inselzelltransplantation als Behandlungsmöglichkeit für den Typ 1 Diabetes sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Die Fachzeitschrift New England Journal of Medicine hat jetzt erstmals die 2-Jahresdaten von Patienten veröffentlicht, bei denen Inselzellen nach dem sogenannten Edmonton-Protokoll übertragen wurden. Die Ergebnisse sind eher ernüchternd: Zwar wird der Insulinbedarf bei den meisten Patienten vermindert. Auf Dauer heilen kann die Inselzelltransplantation einen Typ 1 Diabetes aber nicht: Früher oder später müssen die Patienten wieder Insulin spritzen.
In der Bauchspeicheldrüse liegen die insulinproduzierenden Betazellen in den sogenannten Inseln Foto: DDZ
Bei der Inselzelltransplantation wurden Insulin herstellende Betazellen aus der Bauchspeicheldrüse von Organspendern isoliert und bei den Empfängern über einen Katheter in die Vene, die zur Leber führt, transplantiert. Die gesamte Prozedur fand bei lokaler Betäubung statt. Die übertragenen Inselzellen sollten sich im Maschenwerk der Leber verteilen, um von dort aus die Hormone Insulin und dessen Gegenspieler Glukagon zur Blutzuckerregulation abzugeben. Ein Hauptziel dieser Behandlungsmethode war, dass sich die teilnehmenden Typ 1 Diabetiker kein Insulin mehr von außen zuführen – d. h. Insulin spritzen – müssen. An der Durchführung des Edmonton-Protokolls beteiligten sich neun Studienzentren aus Kanada, den USA, Deutschland und der Schweiz mit jeweils vier Patienten.
Nach dem ersten Jahr der Inselzelltransplantation benötigten tatsächlich 16 der insgesamt 36 Studienteilnehmer (44%) kein Insulin mehr, um ihren HbA1c-Wert dauerhaft auf Werte unter 6,5% zu halten. 10 Patienten (28%) spritzten deutlich weniger Insulin, während in weiteren 10 Fällen (28%) das Transplantat komplett versagte. Nach zwei Jahren waren die Erfolge bereits deutlich rückläufig: Zu diesem Zeitpunkt waren statt 16 nur noch 5 Studienteilnehmer weiterhin insulinunabhängig. Die restlichen Patienten mussten sich erneut Insulin spritzen, wenn auch zum Teil in geringerer Dosis als vor der Transplantation.
Ein weiteres Problem bei der Inselzelltransplantation sind die zum Teil schweren Nebenwirkungen, die bei einem Großteil der Patienten auftreten. Verantwortlich hierfür ist vor allem die bisher nicht vermeidbare medikamentöse Immunsuppression: Damit die transplantierten Zellen nicht vom Körper abgestoßen werden, muss das Immunsystem dauerhaft künstlich unterdrückt werden.
Entgegen der Hoffnungen der letzten Jahre zeigt auch die Methode der Inselzelltransplantation nach dem Edmonton-Protokoll nur begrenzte Wirkungen. Viele Patienten werden zwar vorübergehend insulinunabhängig, doch die Leistung der transplantierten Zellen lässt mit der Zeit wieder nach. Weitere „Hürden“ sind, dass die meisten Patienten mehr als eine Inselzelltransplantation benötigen (die Zahl der zur Verfügung stehenden Spenderorgane ist jedoch begrenzt) und die zum Teil erheblichen Nebenwirkungen der Immunsuppression. Trotzdem sind Erfolge zu verbuchen: Auch wenn vermutlich alle Patienten früher oder später wieder insulinpflichtig werden, konnte der Insulinbedarf bei immerhin über 70 Prozent der Studienteilnehmer deutlich gesenkt werden. Ob, wann und in welchem Umfang die Inselzelltransplantation irgendwann praxistauglich wird, bleibt allerdings nach wie vor unklar.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Shapiro AM, Ricordi C, Hering BJ et al. International trial of the Edmonton protocol for islet transplantation. N Engl J Med 2006; 355: 1318-1330 |