Impfung gegen Typ 1 Diabetes: Erfolge im Tierversuch
(04.07.2007) Einem deutsch-französischen Forscherteam ist es im Tierversuch gelungen, erfolgreich gegen einen Typ 1 Diabetes zu impfen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler vor kurzem in dem renommierten Wissenschaftsmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences). Die positiven Ergebnisse wecken auch für andere Autoimmunerkrankungen Hoffnungen auf neue Behandlungsansätze.
Die wesentliche Aufgabe des Immunsystems besteht darin, den Körper vor dem Angriff krankheitserregender Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze zu schützen. Bei einer Autoimmunerkrankung kommt es jedoch zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, bei der fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angegriffen und zerstört wird. So führt der Angriff auf die Betazellen der Bauchspeicheldrüse beim Typ 1 Diabetes zu einem fortschreitenden Untergang der insulinherstellenden Zellen.
Ihre Versuche führten die Wissenschaftler vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch und von der Purpan Universitätsklinik in Toulouse bei Mäusen mit einem Typ 1 Diabetes durch. Den Tieren wurde ein Impfstoff aus verändertem Bauchspeicheldrüsengewebe verabreicht, das von der Immunabwehr der kranken Tiere normalerweise heftig attackiert und schließlich zerstört wird. Nach der Impfung „beruhigte“ sich das Immunsystem der diabetischen Tiere: Körpereigene und körperfremde Stoffe wurden wieder richtig erkannt und das körpereigene Gewebe nicht mehr angegriffen. Was war passiert? Die Forscher fanden heraus, dass der Impfstoff die T-Suppressorzellen des Immunsystems aktiviert hatte. In der Folge wurden ganz spezifisch jene T-Zellen unterdrückt, die an der Zerstörung der insulinherstellenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse beteiligt waren. An der Abwehr körperfremder Stoffe (z. B. Viren, Bakterien) veränderte sich hingegen nichts.
Die so genannten T-Zellen stehen im Mittelpunkt der Immunreaktion. Hierunter fallen die T-Helferzellen (koordinieren die Immunreaktion), die zytotoxischen T-Zellen (führen zum Zelltod) und die regulatorischen T-Zellen (modulieren die Immunantwort). Die regulatorischen T-Zellen – auch T-Suppressorzellen genannt – unterdrücken beim „gesunden“ Abwehrsystem eine überschießende Immunantwort und verhindern, dass körpereigenes Gewebe angegriffen wird.
Die Ergebnisse der deutschen und französischen Wissenschaftler sind auf jeden Fall ermutigend. Sollten sich die positiven Befunde in weiteren Studien bestätigen, gibt es zukünftig möglicherweise einen neuen Ansatz, um nicht nur die Symptome, sondern direkt die Ursache des Typ 1 Diabetes und anderer Autoimmunerkrankungen zu behandeln. In einem nächsten Schritt müssen die Möglichkeiten der Impfung nun beim Menschen getestet werden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Piaggio E, Mars LT, Cassan C et al. Multimerized T cell epitopes protect from experimental autoimmune diabetes by inducing dominant tolerance. PNAS 2007; 104:9393-9398 |