Das diabetische Fußsyndrom (DFS) ist kein einheitliches Krankheitsbild. Die verschiedenen Symptome sind individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei allen zugrundeliegenden Faktoren ist die Verletzung des Fußes das auslösende Moment. Ist der Fuß einmal verletzt wirken sich die Folgekrankheiten eines über Jahre ungenügend eingestellten Diabetes aus. Die Schädigung der Nerven (diabetische Neuropathie) und der Blutgefäße (diabetische Angiopathie) spielen dabei die wichtigste Rolle. Ca. 34 % der DFS sind durch neuropathische Schäden bedingt, ca.20% durch angiopathische Schäden und in 40% der Fälle konnten beide Faktoren nachgewiesen werden. Ca 50% der Diabetiker mit DFS sind zusätzlich an einer koronaren Herzerkrankung (KHK) und an einer diabetische Nierenerkrankung (Nephropathie) erkrankt. In mehr als 20% der Fälle konnten deutliche krankhafte (pathologische) Veränderungen an den Blutgefäßen des Gehirns festgestellt werden.
Durch die langfristige erhöhte Glukosekonzentration im Blut (chronische Hyperglykämie) werden viele Stoffwechselprozesse im Körper gestört. Die Hyperaktivität des Enzyms Proteinkinase C z.B. greift den Gerinnungsprozess und wichtige Reparaturmechanismen innerhalb der Zelle an. Die überschüssige Glukose bindet im Blut an Eiweiße (z.B. HbA1c) und stört damit deren Funktion. Aggressive Nebenprodukte chemischer Reaktionen im Organismus führen zu Schädigungen der Blutgefäßwänden und zur Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen.. Die Nervenzellen selbst werden in ihren Reparations- und Wachstumsprozessen durch hohe Glukosekonzentrationen im Blut geschädigt.
Auch die Schädigung der Beinarterien im Sinne einer diabetischen Makroangiopathie ist häufig Ursache für die Entstehung des diabetischen Fußsyndroms (DFS). Erhöhte Blutfettwerte (Hypertriglyzeridämie, Hyperlipoproteinämie) und erhöhte Cholesterinwerte (Hypercholesterinämie) führen zur Ablagerungen (Plaques) an den Gefäßwänden. Diese Plaques führen zu Verengung (Stenosierung) und geben Anlass zur Verstopfung (Thrombosierung) der Blutgefäße. Sie bewirken eine Versteifung der Gefäßwände, können einreissen damit die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) und Gefäßwandaussackungen (Aneurismen) begünstigen.
Bei der Entstehung der Mikroangiopathie sind noch viele Fragen offen.. Die dünne Wand der kleinen Blutgefäße (Basilarmembran) verdickt sich im Rahmen eines Diabetes mellitus, durch Ablagerung von Eiweißsubstanzen. Die Dicke der Basilarmembranen ist stark von der Dauer des Diabetes und der Qualität der Stoffwechsel- und Blutdruckeinstellung abhängig. Bei der diabetischen Netzhauterkrankung des Auges (Retinopathie) scheint zusätzlich ein von Blutgefäßen produzierter Wachstumsfaktor eine Rolle zu spielen, welcher die Neubildung von Blutgefäßen anregt.
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im August 2001 aktualisiert