Wie häufig treten Nervenerkrankungen bei Diabetikern auf? - Häufigkeiten
Die periphere sensomotorische Polyneuropathie wird am häufigsten beobachtet. Sie betrifft nur periphere Nerven, d.h. alle Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks, können geschädigt werden. Sensomotorisch bedeutet, dass sowohl der Tastsinn (Sensibilität) an den entsprechenden Hautpartien, als auch die Bewegungsfähigkeit (Motorik) der entsprechenden Muskeln durch die Schädigung des versorgenden Nerven beeinträchtigt wird.
Ca. 30% aller Typ 1 und Typ 2 Diabetiker erkranken an dieser Form der Nervenerkrankung. Bei etwa 30% der Diabetiker liegen bereits neurologische Beschwerden und Ausfälle vor, wenn die Stoffwechselstörung festgestellt wird. Meist wird sie jenseits des 50 Lebensjahres beobachtet. Die Lebensqualität der Betroffenen ist durch Schmerzerlebnisse, Bewegungseinschränkung und Medikamente wesentlich herabgesetzt. Mit dem Auftreten der sensomotorischen Polyneuropathie ist das Risiko an einem diabetischen Fuß zu erkranken deutlich erhöht. Die sensomotorische Polyneuropathie stellt den wichtigsten Risikofaktor für Nicht-traumatische (nicht durch einen Unfall verursachte) Amputationen an den unteren Extremitäten dar.
Das Risiko einer Fußamputation eines Diabetikers mit Polyneuropathie ist gegenüber der Normalbevölkerung 10 bis 22-fach erhöht. Die Anzahl nicht-traumatischer Amputationen bei Diabetikern wird in Deutschland auf über 20.000 geschätzt. Als Risikofaktoren für Diabetiker mit der Entstehung der Polyneuropathie assoziiert sind Diabetesdauer, Blutzuckereinstellungen, diabetischer Retinopathie, arterielle Hypertonie, Kardiovaskuläre autonome Neuropathie, diabetische Nephropathie, Hyperlipidämie. Diskutiert werden Alkohol und Nikotin. Die autonome diabetische Neuropathie mit Beteiligung des Herzens ist die zweit häufigste Neuropathie.10-20% haben bereits bei Diagnosestellung , über 50% nach 20 Jahren Diabetes eine autonome diabetische Neuropathie mit Arrhythmien.
Das Risiko an einen plötzlichen Herztod zu versterben ist gegenüber der Normalbevölkerung 4-fach erhöht. Die diabetische Schwerpunktpolyneuropathie mit Beteiligung der Hirnnerven tritt nur selten in Erscheinung. Sexuelle Störungen im Rahmen des Diabetes mellitus sind keine Seltenheit, werden allerdings sowohl vom Arzt als auch von den Diabetikern tabuisiert. Von den männlichen Diabetikern haben etwa 50 %, von den Diabetikerinnen etwa 30% sexuelle Störungen. Polyneuropathien könne auch andere Ursachen haben, allerdings sind ca. 30% aller Polyneuropathien durch einen Diabetes mellitus entstanden.
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im August 2001 aktualisiert |