Wie entstehen Schädigungen des Sehvermögens im Rahmen eines Diabetes mellitus? - Ursachen
Gemeinsamer auslösender Faktor der Retinopathie ist die permanente Erhöhung des Blutzuckerspiegels, die zu biochemischen und zellbiologischen Veränderungen an der gesamten Netzhaut des Auges führt. Außerdem sind chronisch erhöhte Blutdruckwerte und hormonelle Veränderungen (Pubertät, Schwangerschaft) als Risikofaktoren für die Entstehung oder Verschlechterung von diabetischen Netzhautschädigungen gesichert.
Die krankhaften Veränderungen an der Netzhaut im Rahmen eines Diabetes mellitus entstehen durch Schäden an den Blutgefäßen. An den Wänden der kleinen Blutgefäße bilden sich Ablagerungen aus Zuckern, Eiweißen und Fetten (Plaques). Diese Plaques verkleinern nicht nur den Durchmesser der Gefäße. Sie können einreissen und zu Gefäßaussackungen (Mikroaneurysmen) führen, kleine Stücke dieser Plaques können das Lumen eines Blutgefäßes verschließen und die Durchblutung in diesem Gebiet unterbrechen (arterielle Embolie).
Die Folgen sind Mikroinfarkte und Blutungen an der Netzhaut. Bei der Spiegeluntersuchung (Binokulares Mikroskop) durch den Augenarzt treten diese als dunkle Kleckse auf der Netzhaut ("Punkt-Klecks-Blutungen") in Erscheinung. Auch Gefäßaussackungen und "perlschnurartige" Veränderungen an den Venen sind von einem erfahrenen Untersucher auf diese Weise festzustellen. Häufig auftretende Blutungen und Infarkte innerhalb der Netzhaut können zu deren Ablösung (Amotio retinae) von der zugrunde liegenden Aderhaut (Choroidea) führen.
Man unterscheidet eine proliferative von einer nichtproliferativen Form, die sich in ihrer Blutgefäßdichte unterscheiden. Bei der nichtproliferativen Retinopathie entwickeln sich Kaliberschwankungen (z.B. perlschnurartige Veränderungen) und kleine Aussackungen (Mikroaneurysmen) an den vorhandenen Blutgefäßen der Netzhaut. Bei der proliferativen Retinopathie bilden sich zusätzlich neue Blutgefäße, die ebenfalls Aussackungen und Kaliberschwankungen ausbilden.
Das Spektrum der Augenerkrankungen als Spätkomplikation des Diabetes mellitus ist vielfältig. Neben der Retinopathie und Makulopathie, werden Hautentzündungen an Ober- und Unterlid, Beeinträchtigungen aller an der Funktion des Auges beteiligten Nerven, sowie Augendruckveränderungen und Linsentrübungen beobachtet.
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Stand: Juni 2001 |