Typ 1 Diabetes: Rauchern drohen häufiger schwere Unterzuckerungen
(24.08.2007) Die Angst vor Unterzuckerungen (Hypoglykämien) ist für viele Typ 1 Diabetiker ein wichtiges Thema. Neben zu hohen Dosen Insulin, nicht geplanter körperlicher Anstrengung, Auslassen einer Mahlzeit oder Alkohol in größeren Mengen kann auch das Rauchen schwere Hypoglykämien begünstigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Wissenschaftlern der University of Wisconsin-Madison, USA.
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Bei einer Hypoglykämie reagiert der Körper auf den niedrigen Blutzuckerspiegel normalerweise mit der Ausschüttung von Hormonen zur Gegenregulation: Typische Warnzeichen sind Nervosität, Schweißausbruch, Zittern, Blässe, Hungergefühl und Herzrasen. Diese Beschwerden können schon bei milden Unterzuckerungen auftreten. Fällt der Blutzucker weiter ab, macht sich auch die Energie-Unterversorgung des Gehirns bemerkbar: Der Betroffene hat plötzlich Sehstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Sprachstörungen oder Parästhesien (z. B. Kribbeln oder Taubheitsgefühl). Eine solche schwere Unterzuckerung, die das Gehirn mit einbezieht, kann gefährlich werden: Wird der Mangel nicht durch die Gabe von Glukose behoben, fallen die Betroffenen ins Koma und tragen unter Umständen dauerhafte Gehirnschäden davon.
Dr. Hirai und seine Kollegen sind der Frage nachgegangen, ob auch das Rauchen das Risiko für schwere Unterzuckerungen bei Diabetikern beeinflusst. Hierfür werteten die Wissenschaftler in einer Querschnittsuntersuchung die Daten von 537 Typ 1 Diabetikern aus, die an der bekannten „Wisconsin Epidemiologic Study of Diabetic Retinopathy“ teilgenommen hatten. Eine schwere Hypoglykämie lag definitionsgemäß vor, wenn innerhalb eines Jahres vor Studieneinschluss eine Unterzuckerung aufgetreten war, die zu einem Bewusstseinsverlust oder/und einer Krankenhauseinweisung (mindestens eine Nacht stationäre Beobachtung) geführt hatte.
Das Ergebnis: Die Häufigkeit (Prävalenz) schwerer Hypoglykämien lag im Gesamtdurchschnitt bei 14,3 Prozent. Dabei zeigte der direkte Vergleich zwischen Rauchern und Nicht-Raucher tatsächlich eine erheblich höhere Rate an schweren Unterzuckerungen in der Gruppe der Nikotinkonsumenten. Auch nach dem Herausrechnen anderer möglicher Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, HbA1c, Hüft-/Taillenumfang, orthostatische Hypotonie, Alkoholkonsum, intensivierte Insulintherapie und Diabetes-Folgekrankheiten veränderte sich das Ergebnis nicht wesentlich: Im Vergleich zu Typ 1 Diabetikern, die noch nie geraucht haben, hatten die Tabakkonsumenten ein zirka 2,6fach höheres Risiko für schwere Hypoglykämien. Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass Rauchen die Wahrscheinlichkeit für schwere Unterzuckerungen bei Typ 1 Diabetikern erhöht.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Hirai FE, Moss SE,Klein BE et al. Severe hypoglycemia and smoking in a long-term type 1 diabetic population: Wisconsin Epidemiologic Study of Diabetic Retinopathy. Diabetes Care 2007; 30: 1437-1441
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