Schlafmangel stört den Glukosehaushalt
(29.10.2007) Regelmäßiger und ausreichender Schlaf ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Lebensqualität und langfristige Gesundheit. Dass bereits ein geringes Schlafdefizit den Zuckerhaushalt durcheinander bringen kann, haben vor kurzem Wissenschaftler aus Deutschland in einer Studie erneut bestätigt.
Schlafmagel beeinflusst den Zuckerhaushalt Foto: DAK/SchlägerSchlafstörungen und Schlafmangel sind in den westlichen Industrienationen weit verbreitet. Verschiedene Untersuchungen haben in der Vergangenheit immer wieder Hinweise geliefert, dass ein chronisches Schlafdefizit unter anderem auch die Entwicklung von Übergewicht und Typ 2 Diabetes begünstigt: Schlafmangel erhöht das Hungergefühl und den Appetit, verstärkt die Insulinresistenz und vermindert die Insulinsekretion.
Es wird angenommen, dass für diese Effekte das autonome Nervensystem und eine veränderte Ausschüttung verschiedener Hormone verantwortlich sind. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass Schlafentzug zu einer Absenkung des Sättigungshormons Leptin führt, während das „Hungerhormon“ Ghrelin vermehrt ausgeschüttet wird. Forscher um Sebastian Schmid vom Universitätsklinikum Lübeck haben in einer eigenen kleinen Studie nach weiteren neuroendokrinen Mechanismen gesucht, die die Ausschüttung verschiedener Hormone bei Schlafmangel möglicherweise beeinflussen.
Schmid und sein Team schlossen in ihre randomisierte Crossover-Studie 10 gesunde junge Männer ein. Die Versuchpersonen wurden nach einer Nacht mit Schlafentzug und nach einer Nacht mit normaler Schlafdauer untersucht. Im Mittelpunkt der Analysen standen die Blutspiegelbestimmung der Hormone Insulin, Glukagon, ACTH und Kortisol. Auch der C-Peptidspiegel (C-Peptid = Spaltprodukt, das bei der Insulinbildung entsteht) wurde bestimmt.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass bereits ein geringes Schlafdefizit einen erheblichen Einfluss auf die Sekretion der Bauchspeicheldrüsenhormone haben kann: Der Glukagonspiegel sank infolge des Schlafmangels deutlich ab und auch das C-Peptid war in etwas geringeren Mengen nachweisbar als nach einer Nacht mit ausreichendem Schlaf.
Das Hormon Glukagon wird ebenso wie Insulin in der Bauchspeicheldrüse gebildet, allerdings in anderen Zellen (Glukagon in A-Zellen, Insulin in B-Zellen). Das genau aufeinander abgestimmte Wechselspiel von Insulin und Glukagon ist die Voraussetzung für einen ausgewogen gesteuerten Glukosehaushalt. Im Glukosestoffwechsel ist Glukagon der „Gegenspieler“ zum blutzuckersenkenden Insulin: Glukagon bewirkt, dass der Körper im Bedarfsfall Glukosereserven mobilisiert und zusätzlich Glukose in der Leber bildet. Dies macht man sich auch im Diabetes-Alltag zunutze: Schwere Unterzuckerungen werden in der Regel mit einer Glukagon-Injektion behandelt.
Das Fazit der Wissenschaftler: Der Schlaf nimmt beim Menschen eine wichtige Rolle im Glukosestoffwechsel ein. Durch Veränderungen der Schlafdauer mit einem Schlafdefizit kann die Blutglukoseregulation empfindlich beeinträchtigt und das Unterzuckerungsrisiko verstärkt werden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Schmid SM, Hallschmid M, Jauch-Chara K et al. Sleep loss alters basal metabolic hormone secretion and modulates the dynamic counterregulatory response to hypoglycemia. J Clin Endocrinol Metab 2007; 92: 3044-51 |