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    Die Bedeutung von C-Peptid für Gefäßwandschäden
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    Die Bedeutung von C-Peptid für Gefäßwandschäden - Eine neue Hypothese zur Läsionsentstehung bei Menschen mit Diabetes

    Bevor das Hormon Insulin von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird, nimmt es einen komplexen Weg: Zunächst wird in den Betazellen, die in den sogenannten Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse zusammen liegen, eine Kette synthetisiert, das Präproinsulin. Ein Ende davon wird enzymatisch abgetrennt und es entsteht das Proinsulin, eine einkettige Vorstufe des Insulins. Dieses ist gefaltet und an zwei Stellen verknüpft. Durch erneute Spaltung wird das zweikettige biologisch aktive Insulinmolekül herausgelöst.


    Struktur des Proinsulins bevor Insulin herausgelöst wird
    (Pfeile zeigen C-Peptid an)
    Foto: Pschyrembel Wörterbuch Diabetologie

    Ein als C-Peptid bezeichnetes Stück bleibt über. Dieses Spaltprodukt C-Peptid wird in Verhältnis von 1:1 zu Insulin freigesetzt. Bei Patienten mit einer Insulinresistenz und einem beginnenden Diabetes mellitus Typ 2, beides Hochrisikopopulationen für die Entstehung arteriosklerotischer Gefäßveränderungen, findet sich typischerweise C-Peptid in hohen Spiegeln im Blut. C-Peptid galt lange Zeit als biologisch inerte (untätige) Substanz, doch neuere Daten legen nahe, dass C-Peptid durch Bindung an einen noch nicht identifizierten Oberflächenrezeptor Signalwege im Innern von Körperzellen z. B. in Tubuluszellen der Niere aktivieren kann. In Bezug auf Insulin konnten verschiedene experimentelle Studien zeigen, dass die Hyperinsulinämie selbst keinen direkten Effekt auf die Schädigungen der Blutgefäßwände bei Diabetikern hat, doch die Bedeutung von C-Peptid ist in diesem Zusammenhang noch weitestgehend unklar. Neue Arbeiten untersuchten die Bedeutung von C-Peptid in der frühen Atherogenese, der entzündlichen Schädigung der Arterieninnenwände. Diese Phase der Läsionsentstehung ist gekennzeichnet durch die bei Patienten mit Insulinresistenz und Diabetes vorliegende sogenannte endotheliale Dysfunktion. Hierbei ist die Gefäßzellschicht, welche die Arterien von innen auskleidet (das Endothel), vermehrt durchlässig, so dass Plasmasubstanzen in die Gefäßwand einsickern und sich dort ablagern können.

    Aufgrund der Tatsache, dass Patienten mit Insulinresistenz und Typ 2 Diabetes sowohl hohe C-Peptidspiegel als auch eine endotheliale Dysfunktion aufweisen, wurde zunächst der Frage nachgegangen, ob C-Peptid sich bei diesen Patienten in frühen arteriosklerotischen Veränderungen unterhalb der Gefäßinnenwandzellen (subendothelial) ablagert. Immunhistochemische Färbungen früher arteriosklerotischer Läsionen konnten hier bei Diabetikern im Bereich der Gefäßinnenwand deutliche C-Peptid Ablagerungen zeigen. Derartige Veränderungen konnten bei Gefäßen von Menschen ohne Diabetes nicht gefunden werden. Ein zweiter entscheidender Schritt in der Phase der endothelialen Dysfunktion ist, dass Monozyten und CD4-positiven T Zellen einwandern. Interessanterweise tritt bei Personen mit Diabetes C-Peptid in frühen arteriosklerotischen Läsionen gemeinsam mit eingewanderten Monozyten und CD4-positiven Lymphozyten auf. Quantitative Bildanalysen konnten in einer Studie zeigen, dass sich bei allen untersuchten diabetischen Individuen abgelagertes C-Peptid fand, wohingegen eine Einwanderung von Monozyten und T Zellen nur bei einem Teil der Patienten zu finden war. Dies legte die Hypothese nahe, dass C-Peptid sich zuerst in der Gefäßwand ablagert und dass die Einwanderung inflammatorischer Zellen dieser Ablagerung dann folgt.

    Vor diesem Hintergrund wurde untersucht, ob C-Peptid chemotaktisch auf inflammatorische Zellen wirkt, das heißt mit chemischen Signalen Entzündungszellen „anlockt“ und deren Einwanderung in die Gefäßwand fördert. In vitro Chemotaxis Assays in konnten hier zeigen, dass C-Peptid konzentrationsabhängig die gerichtete Migration von Monozyten und CD4-positiven Zellen induziert. Der Effekt von C-Peptid auf die Zellwanderung war vom Umfang vergleichbar mit der Wirkung bereits bekannter chemotaktisch wirksamer Agentien wie im MCP1 oder RANTES. Interessanterweise besitzt C-Peptid keine chemotaktische Aktivität auf die Entzündungszellgruppe der neutrophilen Granulozyten, die sich nicht in atherosklerotischen Läsionen finden. Weitere Untersuchungen zur intrazellulären Signalvermittelung konnten zeigen, dass C-Peptid in CD4-positiven Lymphozytenüber einen speziellen Weg einen besonderen Rezeptor aktiviert und demzufolge in einer Kaskade von Reaktionen schließlich Strukturproteine verfestigt werden und andererseits sich auch die Zellen zusammenziehen.

    Auf dem Boden dieser Daten wurde die Hypothese entwickelt, dass C-Peptid sich im Rahmen der endothelialen Dysfunktion bei insulinresistenten Patienten und solchen mit frühem Typ 2 Diabetes subendothelial ablagert und über seine chemotaktische Aktivität auf Monozyten und T Zellen die Einwanderung dieser Zellen die Gefäßwand fördern könnte (Abbildung). Ein derartiger Mechanismus könnte dazu beitragen, das ausgedehnte und diffuse Muster, in dem Blutgefäße atherosklerotisch geschädigt werden, in dieser Hochrisikopopulation zu erklären. Tierexperimentellen Daten müssen nun die in vivo-Relevanz dieser Hypothese weiter untersuchen.

    Legende: Hypothese zur Bedeutung von C-Peptid für die frühe Atherogenese.

    C-Peptid lagert sich bei Patienten mit Typ 2 Diabetes und hohem C-Peptid Spiegel im Rahmen der veränderten Durchlässigkeit der Gefäßinnenwandzellen darunter (subendothelial) in der Gefäßwand ab und fördert durch seine chemotaktische Aktivität die Einwanderung von Monozyten und CD4-positiven Lymphozyten in entstehende Läsionen.


    Prof. Dr. med. Nikolaus Marx, Universitätsklinikum Ulm, Innere Medizin II

    Erstellt: Juni 2006

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