Insulin zum Einatmen in USA und Europa zugelassen
(03.02.2006) Ende vergangener Woche haben die beiden Zulassungsbehörden FDA und die Europäische Kommission das inhalierbare Insulin Exubera der Firma Pfizer in den USA und Europa zugelassen. Damit steht, 85 Jahre nachdem Frederic Banting das Bauchspeicheldrüsenhormons Insulin extrahierte, erstmals ein alternativer Behandlungsweg zum Insulin spritzen offen. In Frage kommt das Präparat für Erwachsene mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes. Für Kinder und Jugendliche ist es nicht zugelassen. Vollkommen ersetzen können wird diese Methode das Spritzen allerdings nicht.
Inhalierbares Insulin gelangt als mikrofeine Pulverwolke bis in die winzigen Lungenbläschen Foto: DDZ
Da Insulin ein Hormon aus Eiweißbausteinen ist, besteht die Hürde bei der Verabreichung, bislang den Magen-Darmtrakt umgehen zu müssen. Einfach geschluckt würde der Wirkstoff dort verdaut werden. Es zu injizieren, war bis dato die einzige Möglichkeit, damit das lebensnotwendige Hormon seine Wirksamkeit im Körper entfalten kann. Das neue Insulin-Präparat ist ein Humaninsulin in Form eines Trockenpulvers, das in einem speziellen Inhalationsgerät fein zerstäubt wird. So lässt es sich einatmen, wird in den Lungenbläschen resorbiert und in die Blutbahn gebracht. Um ausreichende Wirkspiegel zu erzielen, ist allerdings die zehnfache Menge an Insulin notwendig. Für die Menschen mit Typ 1 Diabetes, bei denen die Bauchspeicheldrüse kein Insulin produziert, bedeutet die Innovation, dass sich mit dem inhalierbaren Präparat die Bolus-Gabe vor dem Essen ersetzen lässt. Das neue Insulin wirkt dabei ähnlich wie die rasch wirksamen Insulin-Analoga. Für den basalen Insulinbedarf muss weiterhin ein lang wirksames Insulin gespritzt werden. Für Menschen mit Typ 2 Diabetes, den meisten der von Diabetes Betroffenen, kann das inhalative Insulin zusätzlich zu Tabletten eingenommen werden, aber auch – wenn nötig – kombiniert mit einem lang wirksamen Verzögerungsinsulin. Entwickelt wurde das inhalative Insulin in eine Kooperation der Firmen Pfizer und Aventis (jetzt: Sanofi-Sythelabo) gemeinsam mit Nektar Therapeutics, die das Inhalationsgerät entwickelten. Mitte des Monats kaufte Pfizer laut Ärztezeitung die weltweiten Rechte für das inhalierbare Insulin Exubera von Sanofi-Aventis . Auch die Produktionsstätten in Frankfurt/Main werden übernommen.
Laut Pressemitteilung der zulassenden FDA wurde Exubera in Studien mit rund 2.500 erwachsenen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 untersucht. Hierbei habe es im Schnitt binnen 49 Minuten die Wirkspitze erreicht (30 bis 90 Minuten) gegenüber dem Maximum von herkömmlichen Insulin nach 105 Minuten (60 bis 240 Minuten). Ähnlich rasch wirken allerdings auch Insulin-Analoga. Lange Zeit ging es auf dem Wege der Zulassung darum, dass sich eine langjährige Anwendung nicht nachteilig auf die Lunge auswirkt. Die Ergebnisse der umfangreichen klinischen Studien war diesbezüglich gut. Zu den Auflagen der Zulassung gehört, dass das inhalative Insulin nicht geeignet ist für Menschen mit Lungenerkrankungen wie Asthma, chronisch obstruktiver Bronchitis oder anderen schweren Krankheiten der Lunge. Vor Beginn der Behandlung ist eine Lungenfunktionsprüfung erforderlich. Wer raucht oder das Rauchen erst binnen der vergangenen sechs Monate aufgegeben haben, soll Exubera nicht einnehmen dürfen.
Hinsichtlich des HbA1c- Wertes zeigte das Insulin zum Inhalieren keine Vorteile. Wohl aber bedeutet die Zulassung die Option auf komfortablere Anwendung und einen bessere Stoffwechseleinstellung für diejenigen Typ 2 Diabetiker, die vor dem Spritzen zurückschrecken.
Kirsten Lindloff, Deutsche Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Pressemitteilung des Herstellers Pfizer zur Zulassung in der EU http://pfizer.com/pfizer/are/news_releases/2006pr/mn_2006_0126.jsp
Pressemitteilung des Herstellers Pfizer zur Zulassung in den USA http://www.pfizer.com/pfizer/are/news_releases/2006pr/mn_2006_0127a.jsp
Pressemitteilung der FDA http://www.fda.gov/bbs/topics/news/2006/NEW01304.html |