Neue Substanz Rimonabant gegen Übergewicht zur EU-Zulassung empfohlen
(19.05.2006) Der neuartige Wirkstoff Rimonabant wird die Reihe an Medikamenten zur Behandlung der Adipositas erweitern. Das Präparat hat Ende April die wissenschaftliche Zulassungsprüfung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) bestanden und wird unter dem Namen Acomplia® auf den Markt kommen. Er kommt auch für das den Typ 2 Diabetes häufig begleitende Übergewicht in Frage.
Gegen starkes Übergewicht kommt in Europa ein neues Präparat zur medikamentösen Unterstützung hinzu Foto: DAK
Rimonabant gehört einer vollkommen neuen Substanzklasse an, die medikamentös mithelfen soll, bei schwerem Übergewicht abzunehmen. Dabei hemmt der Wirkstoff sogenannten Endocannabinoide. Dies sind körpereigene Stoffe, die an der selben Stellen andocken wie Substanzen aus der Cannabispflanze (Haschisch). Die winzigen Endocannabinoid-Rezeptoren CB1 finden sich in hoher Dichte im Gehirn, aber auch im Fettgewebe, der Leber, im Magen-Darm-Trakt und in der Muskulatur. Das Endocannabinoid-System (EC-System) ist beteiligt an der Regulation des Körpergewichts, dem Fettstoffwechsel und der Kontrolle der Energiebilanz. Normalerweise ruht das EC-System, jedoch bei schwergewichtigen Diabetikern ist es häufig überaktiv: Cannabinoid-1-Rezeptoren (CB 1) werden über die ausgeschütteten Endocannabinoide stimuliert, die Nahrungsaufnahme gesteigert und demzufolge wird dann auch zuviel Fett ins Fettgewebe eingelagert.
Rimonabant ist ein selektiver CB1-Blocker. Er bremst die Endocannabinoide und damit auch das Hungergefühl. Auf diesem Wege kommt es zur Gewichtsreduktion und verbesserter Insulinempfindlichkeit. In mehreren RIO-Studienreihen (=Rimonabant in Obesity) wurde Rimonabant bei Übergewicht untersucht: RIO-Diabetes (wir berichteten), RIO-Lipids, RIO-Europe und RIO-North America.
Die Empfehlung der EMEA gilt für folgendes Anwendungsgebiet: „Zusätzlich zu Diät und Bewegung zur Behandlung bei einer Adipositas (BMI ab 30 kg/m²) oder von übergewichtigen Patienten mit einem BMI über 27 kg/m², die darüber hinaus einen oder mehrere Risikofaktoren wie Typ-2-Diabetes oder Dyslipidämie aufweisen (siehe Abschnitt 5.1).“ Abschnitt 5.1 der Zusammenfassung der Produktcharakteristika ist der Abschnitt, der die Details der Ergebnisse der klinischen Prüfung zusammenfasst, auf denen die Indikation basiert. Wesentliche Aussagen dieses Abschnittes seien, dass von den beobachteten Verbesserungen des HbA1c-Wertes und des HDL-Cholesterins und der Trigyceride etwa 50 % direkte Wirkungen vom Rimonabant gewesen seien und etwa 50 % durch die Gewichtsreduktion erklärt wurde.
Der Hersteller betonte weiter, dass das Medikament nur bei Patienten angewendet werden sollte, die ein tatsächliches medizinisches Bedürfnis hätten abzunehmen, und nicht von Personen, die es nur aus kosmetischen Gründen anwenden würden.
In der Regel erteilt die Europäische Kommission binnen zwei bis drei Monaten nach einer solchen positivem Empfehlung der EMEA die europäische Zulassung. Die Markteinführung wird für die zweite Jahreshälfte 2006 erwartet.
Kirsten Lindloff, Deutsche Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quellen: Mitteilung der EMEA zu Rimonabant vom 27. April 2006 http://www.emea.eu.int/pdfs/human/opinion/7813606en.pdf
Link zur englischen Pressemitteilung Sanofi-Aventis zu Rimonabant vom 28. April 2006
PDF zu RIO- North America in JAMA
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