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    Viele Verbote sind überholt
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    Viele Verbote sind überholt

    Die Zeit der Tabus ist vorbei. Diabetiker dürfen, ja sollen die gleichen Sachen essen, wie sie für die gesunde Ernährung des „Normalbürgers" empfohlen werden.
     
     
    Auch Kuchen, Schokolade oder ein Glas Wein sind nicht mehr ausgeschlossen. Für Typ-2-Diabetiker mit Übergewicht ist die Gewichtsreduktion das wesentliche Ziel der Behandlung. Sie fördert die Bereitstellung der eigenen noch vorhandenen Insulinreserven und verbessert die Insulinwirkung an den Zellen. Jeder Übergewichtige sollte einen Körpermaßindex (Body-Mass-Index = BMI) von 18,5 bis 25 anstreben. Schon wenige Kilogramm an Gewichtsverlust beeinflussen den Stoffwechsel positiv. Vor allem fettarme Kost hilft, ein wünschenswertes Gewicht zu erreichen.

    Auch für Typ-l-Diabetiker ist es wichtig, ihr Normalgewicht zu halten oder zu erreichen. Denn auch bei ihnen ist Übergewicht mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Und sie müssen eine Balance zwischen der Aufnahme von Speisen, besonders den Kohlenhydraten, der körperlichen Aktivität und der Insulingabe herstellen, damit es weder zu Unterzuckerungen noch zu regelmäßig überhöhten Blutzuckerwerten kommt.
     
    Selbst richtig einschätzen

    Die Blutzuckerselbstkontrolle und das geübte Einschätzen der Kohlenhydratmenge in den Lebensmitteln, Speisen und Getränken sollten deshalb ihren festen Platz im Alltag haben. Dabei sind Kohlenhydrat-Tabellen nützliche Helfer. Durch die erlernte Selbstanpassung der Insulindosis können Menschen mit Diabetes sich heute aktiv an einer guten Blutzuckereinstellung beteiligen. Eine fettreiche Ernährung erhöht das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall.
    Jedoch sind nicht alle Fettarten gleich zu bewerten. Besonders risikoreich sind gesättigte und gehärtete Fette. Deshalb wird heute eine Begrenzung dieser Fette auf insgesamt weniger als zehn Prozent der täglichen Nahrungsenergie empfohlen.
    Weil dieses Thema so wichtig ist, werden wir in der nächsten Folge unserer Ernährungs-Serie ganz ausführlich darüber berichten.
    Diabetiker können - und sollen - reichlich kohlenhydrathaltige Nahrung essen. Allerdings ist die richtige Auswahl wichtig. Ballaststoffreiche Lebensmittel sind besonders empfehlenswert, da sie sich günstig auf Blutzucker und Blutfette auswirken. Möglichst fünfmal am Tag sollten sie auf dem Speisezettel stehen: Gemüse, Hülsenfrüchte, Frischobst und (Vollkorn)Getreideprodukte.


    Selbst Haushaltszucker ist nicht mehr tabu. Er wird den Stoffwechselnichtungünstig beeinflussen, wenn Folgendes beachtet wird:

    • nicht mehr als maximal 10 Prozent der täglichen Kalorien (das entspricht etwa 30 bis höchstens 50 Gramm),
    • auf mehrere Portionen über den Tag verteilt,
    • nicht pur oder in Getränken, sondern „eingepackt" in Lebensmittel und Mahlzeiten (Kuchen, Schokolade, Milcheis).

    Getränke mit hohem Zucker- beziehungsweise Glukosegehalt würden dagegen den Blutzucker rasch ansteigen lassen und sollten deshalb nur zur Behandlung von Unterzuckerungen verwendet werden.

    Energiegehalt unterschiedlicher Nährstoffe:

    • 1 g Kohlenhydrate liefert 4 kcal
    • 1 g Eiweiß liefert 4 kcal
    • 1 g Fett liefert 9 kcal
    • 1 g Alkohol liefert 7 kcal

    Für Menschen mit Diabetes wird eine Eiweißaufnahme zwischen 10 und 20 Prozent der täglichen Nahrungsenergie empfohlen. Häufig nehmen sie jedoch mehr zu sich, besonders wenn sie viele Lebensmittel tierischer Herkunft essen. Zu viel Eiweiß kann aber „zur Belastung" für die Nieren werden. Um hier vorzubeugen, sollte man deshalb nicht zu viel Eiweiß verzehren. Das gelingt, wenn eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Käse und Milchprodukte mengenmäßig begrenzt werden. Bei einem beginnenden Nierenschaden mit dem Nachweis von Eiweiß oder Albumin im Urin wird meist eine Begrenzung der Eiweißmenge auf 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht erforderlich. Das ist nicht viel, und um es im Alltag richtig umzusetzen, benötigen die Patienten eine Beratung durch ihren Arzt und eine Diätassistentin. Auch mit dem Thema Eiweiß werden wir uns in einer eigenen Folge befassen.

    Ein Glas Wein oder Bier

    Alkohol kann viele negative Auswirkungen, aber auch einige positive Effekte haben, zum Beispiel auf die Blutgesäße. Ein bis zwei kleine Gläser Wein oder Bier pro Tag können Menschen mit Diabetes trinken - sofern sie darauf achten, dass sie kohlenhydrathaltige Lebensmittel dazu essen. Das verringert das Risiko einer späteren Unterzuckerung. Natürlich muss das Getränk in die Kalorienberechnung einbezogen werden, denn Alkohol liefert mehr Energie als andere Nahrungsstoffe wie Kohlenhydrate oder Eiweiß. Am Flüssigkeitsbedarf eines Menschen ändert der Diabetes im Grunde nichts: Jeder sollte 1,5 bis 2 Liter pro Tag trinken. Wasser, Mineralwasser und verschiedene Früchteteesorten sind besonders geeignet, da sie kalorienfrei sind. Auch die überall angebotenen Light-Limonaden und Cola-Getränke mit kalorien freiem Süßstoff, schwarzer Tee und Kaffee sind geeignet. Wer abwechslungsreich isst und frische Ware bevorzugt, kann seinen Vitamin- und Mineralstoffbedarf meist gut abdecken. Vor allem Gemüse, Obst, Vollkornprodukte sowie fettarme Milchprodukte, Fisch, pflanzliche Öle, Nüsse und mageres Fleisch sollten auf dem Speiseplan der ganzen Familie stehen. Speziell für Diabetiker hergestellte Produkte mit Fruchtzucker oder anderen kalorienhaltigen Zuckersustauschstoffensind überflüssig. Wie wir noch später sehen werden, enthalten solche Schokoladen und Gebäcksorten meist auch sehr viel Fett und Energie. Deshalb können Menschen mit Diabetes durchaus gelegentlich ein Stück üblichen Kuchen, Gebäck oder normale Schokolade in kleiner Menge essen, wenn sie dabei den Kalorienund Fettgehalt berücksichtigen. Energiefreie Süßstoffe sind vor allem bei Gewichtsproblemen eine sinnvolle Alternative zu Haushaltszucker.

    Ernährung heute: Das Wichtigste in 6 Punkten

    • Gesättigte und gehärtete Fette begrenzen:
      Essen Sie nur wenig Wurst, und schneiden Sie sichtbares Fett beim Fleisch ab. Bevorzugen Sie fettarme Käsesorten. Wählen Sie auch bei den anderen Milchprodukten wie Quark oder Milch die fettarmen Varianten aus. Naschen ist erlaubt, aber nur selten und wenig. Also nicht täglich Schokolade, Kuchen, Gebäck und Kartoffelchips essen.
    • Auf die Qualität der Fette achten:
      Bevorzugen Sie bei der Speisenzubereitung Öle mit ungesättigten Fettsäuren, zum Beispiel Raps-, Oliven- oder Walnussöl. Essen Sie mindestens einmal pro Woche frischen Seefisch. Makrele, Hering und Lachs liefern die besonders wertvollen Omega-3-Fettsäuren und sind gute Jodquellen.
    • Ballaststoff- und vitanninreiche Nahrungsmittel reichlich essen:
      Täglich mindestens fünf Portionen Obst, Gemüse und Salat (besonders in roher Form) liefern viele Vitamine. Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte enthalten reichlich Ballaststoffe und Mineralien.
    • Haushaltszucker in kleinen Mengen ist erlaubt:
      Diabetiker sollten aber kalorienfreie Süßstoffe bevorzugen.
    • Alkohol in Maßen:
      Ein bis zwei kleine Gläser Wein oder Bier unter Beachtung der Kalorien und der Unterzuckerungsgefahr schaden nicht.
    • Spezielle Diät-Lebensmittel sind nicht mehr nötig:
      Diabetiker können die üblichen Produkte in kleinen Mengen genießen.
    Individuelle Beratung

    Generelle Empfehlungen können dem Bedarf des einzelnen Diabetikers nur schwer Rechnung tragen. Deshalb sollte jeder eine auf ihn zugeschnittene Ernährungsberatung bei Fachkräften erhalten. Auch die Teilnahme an einem Schulungskurs unter Anleitung eines Diabetes-Teams hilft, individuelle Fragen zum Essen und Trinken zu klären. Hierbei können Betroffene lernen, wie sich schon durch kleine Änderungen des Essverhaltens die Diabetesbehandlung verbessern lässt. Wenn dann mit Hilfe von Diabetes- und Ernährungsexperten die persönliche Ernährungsempfehlung aufgestellt wird, sollen natürlich individuelle Vorlieben und Gewohnheiten so weit wie möglich berücksichtigt werden. Denn das gehört ebenfalls zu einer zeitgemäßen Ernährung bei Diabetes: Auch gesunde Kost darf schmecken, genießen ist erlaubt.

    Weitere Informationen und Beispiele für eine diabetesgerechte Ernährung erhalten Sie auch in dem Buch: "Gesund kochen bei Diabetes" (320 Seiten und mit 116 Abbildungen/Ernährungsregeln und 130 Rezepte speziell für Menschen mit einem Typ-2-Diabetes, 29,80 DM in Ihrer Apotheke oder beim Wort & Bild Verlag Telefon 0 89 / 7 44 33 270, Fax 0 89 / 7 44 33 208, Internet www.wortundbild.de oder Postfach 70 20 69, 81320 München).


    Anette Buyken und Dr. med. Monika Toeller; Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf

    aus: Diabetiker-Ratgeber 8/2000

    Redaktion: Prof. Dr. med. W. A. Scherbaum, Dr. med. M. Stapperfend
    Erstellt: September 2001
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