Mehr Herz-Kreislauferkrankungen bei Anstieg des Blutzuckers
(28.10.2005) Menschen mit einem Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für eine rasch voranschreitende Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) mit Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Statistisch gesehen sterben 35 Prozent aller Typ 1 und 75 Prozent aller Typ 2 Diabetiker an einer Herz-Kreislauferkrankung.
Herz und Gefäße sind auch ohne Diabeteserkrankung durch hohe Blutzuckerwerte gefährdet
Bisher ist nicht eindeutig geklärt, welchen Anteil die überhöhten Blutzuckerspiegel an dem hohen Herz-Kreislaufrisiko von Diabetikern tatsächlich haben: Gerade bei Menschen mit einem Typ 2 Diabetes liegen oft parallel weitere Risiken für eine Gefäßschädigung vor, wie zum Beispiel Bluthochdruck, schlechte Blutfettwerte und/oder Übergewicht. Aus der bekannten Atherosclerosis Risk in Communities Study (ARIC), bei der in den 90er Jahren fast 16.000 Menschen aus verschiedenen Bundesstaaten der USA beobachtet wurden, haben Wissenschaftler um Dr. Elizabeth Selvin jetzt einige neue interessante Daten zum Einfluss erhöhter Blutzuckerwerte auf das Herz-Kreislaufrisiko vorgestellt.
Selvin und ihre Kollegen analysierten die Daten von 1.321 Erwachsenen ohne Diabetes und 1.626 Erwachsenen mit einer Diabeteserkrankung. Alle Personen ließen sich über einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren beobachten. Neben dem Blutzuckerlangzeitwert HbA1c wurde in dieser Zeit auch das Auftreten von Erkrankungen der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit, KHK) dokumentiert und die Beziehung zwischen Blutzucker und KHK-Risiko analysiert. Vor dieser Analyse hatte man andere Einflussfaktoren auf das Herz-Kreislaufrisiko wie Alter, Cholesterinspiegel, Blutdruck, Gewicht und Rauchen herausgerechnet.
Sowohl für die Gruppe der Diabetiker als auch für Personen ohne bekannte Diabeteserkrankung zeigte sich, dass die Höhe des HbA1c-Wertes eng mit dem Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) verknüpft war. So erhöhte sich bei den Diabetikern mit jedem Anstieg des HbA1c-Wertes um einen Prozentpunkt das KHK-Risiko um durchschnittlich weitere 14 Prozent.
Besonders aufschlussreich waren auch die Ergebnisse für Personen ohne Diabeteserkrankung. Hier zeigte sich, dass HbA1c-Werte unterhalb von 4,6% in keinem Fall zu einer Risikoerhöhung beitrugen. Anders verhielt es sich jedoch bei sogenannten „hochnormalen“ Werten – das heißt HbA1c-Werten oberhalb der genannten 4,6%. In diesem Bereich stellten die Wissenschaftler bereits eine Erhöhung des Herz-Kreislaufrisikos fest. Dies bedeutet, dass auch Menschen ohne Diabeteserkrankung bereits ein erhöhtes KHK-Risiko durch ihre Blutzuckerwerte haben können. Bei den Teilnehmern ohne Diabetes und einem HbA1c-Wert oberhalb von 4,6% stieg mit dem Blutzuckerlangzeitwert auch das KHK-Risiko deutlich an: Nicht-Diabetiker mit einem HbA1c-Wert von 6,0 % oder höher erkrankten fast doppelt so häufig an einer koronaren Herzerkrankung als Personen mit einem HbA1c-Wert unterhalb von 4,6%.
Erhöhte Blutzuckerwerte gehen mit einem Anstieg des Herz-Kreislaufrisikos einher – dies gilt sowohl für Menschen mit als auch für Personen ohne Diabeteserkrankung.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Selvin E, Coresh J, Golden SH et al. Glycemic control and coronary heart disease risk in persons with and without diabetes. Arch Intern Med 2005; 165: 1910-1916 |