Alkohol verstärkt Gefahr für Unterzuckerung bei Diabetespatienten
(25.02.2008) Alkohol kann mit einem gewissen zeitlichen Abstand Unterzuckerungen verstärken oder auslösen. Dies ist für Diabetiker, die Insulin spritzen oder bestimmte blutzuckersenkende Tabletten einnehmen, unter Umständen ein Problem. Für die möglichen Ursachen der Unterzuckerungsgefahr gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Einem hiervon sind Wissenschaftler aus Stockholm auf der Spur: Alkohol erhöht in der Bauchspeicheldrüse vorübergehend die Durchblutung der insulinproduzierenden Betazellen.
Alkoholkonsum kann Unterzuckerungen begünstigen
Alkoholische Getränke enthalten viele Kalorien. Nach dem Konsum von Alkohol steigt der Blutzucker daher zunächst einmal an. Besonders kalorienreich sind hochprozentige Getränke (besser geeignet: trockene Weine, sehr trockener Sekt, Bier oder Lightbier). Wer übergewichtig ist und abnehmen möchte, sollte deshalb mit Alkoholgetränken zurückhaltend sein.
Was oft nicht berücksichtigt wird: Im weiteren zeitlichen Verlauf kann sich die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel umkehren. Durch die Prozesse der Entgiftung blockiert Alkohol kurzfristig die weitere Arbeit der Leber. Hiervon ist auch die Zuckerneubildung (Glukoneogenese) betroffen, die in der Leber stattfindet und die für einen ausreichend hohen Blutzuckerspiegel in den Phasen sorgt, in denen keine Kohlenhydrate mit der Nahrung aufgenommen werden (z. B. nachts.).
Ake Sjoholm und Zhen Huang vom Karolinska-Institut in Stockholm haben einen weiteren Mechanismus entdeckt, über den Alkohol bei Diabetikern Unterzuckerungen auslösen könnte. In Versuchen mit Ratten spritzen die Wissenschaftler den Tieren eine bestimmte Menge Ethanol (= reiner Alkohol). Anschließend untersuchten sie mit speziellen Techniken (u. a. Mikrosphärentechnik) die Durchblutung in den verschiedenen Geweberegionen der Bauchspeicheldrüse. Das überraschende Ergebnis: Die Durchblutung in den insulinproduzierenden Zellen stieg nach der Ethanolgabe vorübergehend um etwa das Vierfache an. Die restlichen Regionen der Bauchspeicheldrüse zeigten hingegen keine Veränderungen oder einen leichten Rückgang der Durchblutung. Mit dem vermehrten Blutfluss in den insulinproduzierenden Zellen nahm auch die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse zu – die Folge war ein Abfall der Blutzuckerspiegel bis in den Bereich der Unterzuckerung.
Das FAZIT der Wissenschaftler: Der Konsum von Alkohol bewirkt vorübergehend eine erhöhte Durchblutung und Ausschüttung von Insulin in den insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Es ist zu berücksichtigen, dass dieser Mechanismus bei Diabetikern zu einer erhöhten Unterzuckerungsgefahr beitragen kann.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de
Quelle: Huang Z, Sjöholm A. Ethanol Acutely Stimulates Islet Blood Flow, Amplifies Insulin Secretion, and Induces Hypoglycemia via Nitric Oxide and Vagally Mediated Mechanisms. Endocrinolgy 2008; 149: 232-236 |