Thema des Monats Dezember 2006
Gefährden Arzneimittelimporte die Arzneimittelsicherheit?
Immer wieder ist davon zu lesen und zu hören: Aus dem Ausland werden billige Arzneien importiert, um den stetig steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen entgegenwirken zu können. Wie funktioniert dies genau und stimmt das pauschale Urteil, dass diese Arzneimittel minderer Qualität seien überhaupt? Was sind Importe und wie muss die Sicherheit dieser Produkte gewährleistet werden?
Foto: ABDA
Wir bewegen uns thematisch im Bereich zwischen ökonomischer Notwendigkeit einerseits und der Arzneimittelsicherheit andererseits. Einen ökonomischen Vorteil dadurch zu erkaufen, dass auf die notwendige Arzneimittelsicherheit verzichtet wird, muss dabei in jedem Falle ausgeschlossen sei. Denn die Konsequenz nicht sicherer Arzneimittel (z. B. durch falsche oder unleserliche Beschriftungen, Blister oder Etiketten, falsche Lagerung etc.) ist nicht nur aus medizinischer Sicht eine Katastrophe, sie führt darüber hinaus zu einer nicht vertretbaren ökonomischen Belastung.
Die rechtliche Grundlage für Importe ist recht einfach. Apotheken müssen seit einigen Jahren einen Teil ihres Umsatzes mit Importen tätigen; dies ist eine gesetzliche Maßnahme zu Kostendämpfung. Im April 2002 lag die geforderte Quote bei 5,5%, seit Januar 2003 sind die Apotheken verpflichtet, dass 7% von ihrem Umsatz mit Fertigarzneimitteln durch Importpräparate erzielt werden müssen. Importe sind in Deutschland zugelassen Arzneimittel, die im Ausland hergestellt und vertrieben werden und nach Deutschland durch spezielle Importeure eingeführt werden. Da die Preisspanne zwischen Deutschland und anderen EU-Ländern teils beträchtlich ist, können diese Produkte in Deutschland zu einem günstigeren Preis angeboten werden. Dies gilt ausschließlich für Produkte, die in der EU hergestellt werden. Arzneimittel aus den so genannten Drittländern (also nicht EU-Ländern), dürfen nur unter strengen Auflage importiert werden. Re-Importe sind in Deutschland hergestellte Arzneimittel, die für andere EU-Länder bestimmt sind und von dort aus wieder zurück importiert werden. In der Regel wird hierfür nur die Packungsbeschriftung und der Beipackzettel ersetzt. Pharmazeutische Unternehmer vermarkten ihre Arzneimittel in vielen Fällen sowohl in Deutschland als auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). Sie besitzen demzufolge in vielen dieser Mitgliedstaaten entsprechende Zulassungen. Was geschieht nun bei dem sogenannten Parallelimport? Ein Importunternehmen kauft ein Arzneimittel in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat ein, importiert es nach Deutschland und bringt es dann parallel zu dem ursprünglichen Pharmazeutischen Unternehmer in den Verkehr. Dies rechnet sich für den Importeur, da er sich die in Europa bestehenden Preisunterschiede zu Nutze macht.
Es ist auch grundsätzlich möglich, dass Arzneimittel importiert werden, die gar nicht in Deutschland zugelassen sind. Hierzu sind allerdings noch strengere Vorschriften einzuhalten. Beispielsweise benötigt eine Apotheke hierfür eine Herstellungserlaubnis, die nur unter großem Kostenaufwand und mit entsprechender Begründung und mit vorhandener fachlicher und räumlicher Ausstattung durch die Aufsichtsbehörde erteilt wird. Grundsätzlich darf aus Drittstaaten kein Arzneimittel eingeführt werden, wenn es in Deutschland ein vergleichbares Präparat gibt.
Wie sieht dies nun in der Realität aus? Sicherlich kann es dazu kommen, dass ausländische Etiketten verwendet werden oder dass eine ausländische Packungsbeilage beigefügt ist. In diesem Fall hat Ihr Apotheker die Pflicht, Ihnen die für Ihre Therapie wichtigen Hinweise zu erläutern. Wenn Ihr Arzt ein Importpräparat rezeptiert, so muss der Apotheker dieses auch liefern. Wenn Sie jedoch auf ein deutsches Präparat bestehen, so muss der Patient die Differenz selbst begleichen.
Grundsätzlich muss man auch betrachten wie viele Arzneimittel in Deutschland selbst noch hergestellt werden. Etwa 80% der in Deutschland verwendeten Arzneimittel werden nicht hierzulande produziert, sondern im Ausland. Daher sollte man sich von dem Begriff Importarzneimittel nicht verunsichern lassen. Die Sicherheit muss laut Gesetz gegeben sein; die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdiensts überwachen den Arzneimittelverkehr und müssen – zusammen mit den abgebenden und informierenden Apothekern – für die Arzneimittelsicherheit sorgen. Ihre Apotheke informiert Sie auch gerne über jedes Detail in Sachen Import. Wenn Ihnen Importarzneimittel verschrieben wurden und Sie den Verdacht haben, dass das Arzneimittel nicht so wirkt, wie Sie es vom deutschen Produkt gewohnt waren, dann müssen Sie umgehen Ihren Arzt und Apotheker informieren.
Zum Schluss eine Bemerkung zum Internet und der Bestellung von Arzneimitteln hierüber. Damit sind nicht Versandapotheken gemeint. Arzneimittel, die Sie direkt – also unter Umgehung einer Apotheke – im Internet bestellen, sind nicht sicher. Hier findet keinerlei Prüfung und Überwachung statt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht derzeit davon aus, dass ca. 7% Arzneimittelfälschungen über diese Kanäle vertrieben werden. Dies hat mit Import nichts zu tun und gefährdet Ihren Therapieerfolg massiv.
Dr. rer. nat. Christian Franken, Fachapotheker für Arzneimittelinformation & klinische Pharmazie, Chefapotheker der Apotheke des Universitätsklinikums Düsseldorf
|